Streß um Stütze

■ Sozialamt verrechnete sich/Alleinerziehende Mutter vor Gericht

Hatte Stefanie E. gewußt, daß sie vom Sozialamt zuviel Geld bekam? Hatte sie das Sozialamt absichtlich hinters Licht geführt, oder hat sich doch das Amt verrechnet? Auf diese Fragen versuchte gestern Richter Kant eine Antwort zu finden. Vor dem Amtsgericht mußte sich die geschiedene vierzigjährige E. wegen Betrugs verantworten.

Am 15. April 1991 hatte die alleinerziehende Mutter eine Stelle als Betreuerin in den Alsterdorfer Anstalten angetreten. Ende April reichte sie die Abrechnung über den ersten halben Arbeitsmonat ein. Das Sozialamt berechnete daraufhin die Sozialhilfe für sie und ihre zwei Töchter jedoch fälschlicherweise auf Basis eines Halbmonatsverdienstes. Nach Ansicht des Richters hat nicht Stefanie E. den Fehler gemacht, sondern der Sachbearbeiter des Amtes. Der hätte auf der Gehaltsabrechnung sehen müssen, daß es sich nur um einen Halbmonatslohn handelte; außerdem glaubte der Richter der Beklagten, daß sie die Höhe der Sozialhilfe nicht abschätzen konnte und deswegen nicht bemerkt habe, daß sie zuviel Geld bekommen hatte. Für die zuviel bezahlten 19.000 Mark sei sie nicht verantwortlich.

Zu Beginn des zweiten Prozeßteils gestand Stefanie E., zwischen Januar und Oktober 1993 zu Unrecht Sozialhilfe bezogen zu haben. Sie hatte der Sozialbehörde nicht mitgeteilt, daß sie ab Januar nicht mehr 19, sondern 30 Stunden pro Woche arbeitete – womit sie den Anspruch auf ,Stütze' verloren hätte. „Ich war damals in großen Schwierigkeiten. Mein geschiedener Mann hatte zwei Raten unseres gemeinsamen Kredites nicht gezahlt“, erklärte sie. Aufgrund der „schwierigen persönlichen Umstände“ verhängte der Richter wegen des zweiten Vorwurfs eine „milde“ Strafe: Sechs Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung. 13.000 Mark zuviel gezahlte Sozialhilfe muß sie in Monatsraten von 150 Mark zurückzahlen. usch