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Akrobatisches Mittelalter

■ Das Altonaer Theater präsentiert einen frischen „Parzival“

Ein beschäftigter Mann, dieser Axel Schneider. Gibt den Kartenabreißer an diesem Premierenabend, den Platzanweiser, den Mann für alle Fragen, den Stückeschreiber sowieso und zudem den Intendanten. Als solcher wirkt er seit vier Monaten hinter den Kulissen des Altonaer Theaters. Nun hat er das erste Stück für sein Haus inszeniert, und es könnte einen Neuanfang für diese westlichste Bühne Hamburgs bedeuten.

Parzival heißt es und hätte unter der Leitung des inzwischen in den Ruhestand abgeschobenen Hans Fitze einen Theaterabend voller Pein und Possierlichkeit beschert. Nicht so am Mittwoch abend: Gute zwei Stunden muß „der liebe Junge“, der sich von der Mutter nicht lösen kann, nach den Leichen in seinem Keller fahnden, muß den Kelch finden, aus dem zu trinken eine Ehre ist für alle guten Monarchen, weil es vor Despotie schützt und Güte gebiert. Schneider und seine wohl jüngste Theatermannschaft in Hamburg wollen gar nicht erst so tun, als hätten sie viel Geld zur Verfügung: Die Kulturbehörde, durchaus dem mutigen und gerade mal 29jährigen Intendanten gewogen, hat zwar zu verstehen gegeben, daß alles unterstützt werde, was den Staub aus dem Fundus wegzufegen hilft – jedoch nicht grenzenlos.

Und was haben sie daraus gemacht! Kleine Bilder am laufenden Band: Ein Fluß sind zwei dunkelblaue Tücher, Schnee eine weiße Decke und der Wald wallende Vorhänge. Vor der Kulisse steht erzählend Wolfram von Eschenbach (komischer Erzähler: Klaus Falkhausen), dessen Text Schneider und Werner Feig sehr frei umgearbeitet haben für die Inszenierung. Am Ende findet Parzival natürlich sein Glück, wird ein guter Mensch und darf endlich freien Herzens zur Artusrunde stoßen. Dazwischen: keine Langeweile, sondern Tempo und Witz, mit Beil, Lanze und Speer – wie seit den Drei Musketieren nicht mehr. Ein schöner Parzival, dieser Thure Riefenstein.

Langer, sehr langer Applaus, obwohl die Inszenierung auch Schwächen hat. Denn nur witzig, persiflierend war es nicht, aber auch nicht ernsthaft um die Aneignung des hehren Stoffes bemüht. Zudem geriet der Teil nach der Pause allzu holperig – im Stile von Mantel- und Degenstücken, denen außer der Klamotte nichts einfällt. Trotzdem: Schneiders Ziel, die Alten im Abonnement zu halten und die Jungen aus der Kampnagelfabrik abzuholen, scheint ein Stück näher. Sogar Kultursenatorin Christina Weiss hat mächtig geklatscht. Schneider und seine Crew, selbst bemüht, ihren Gral zu finden, sind auf dem besten Wege.

Jan Feddersen

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