Kirmes mit Klospülung

■ Hardcore, B-Movie, Pathos und Jazz mit Mr. Bungle

Pervers. Widersprüchlich. Lächerlich. Unglaublich. Und exemplarisch für nahezu alles, was sich seit einigen Jahren im Outfall der MTV-Kultur festmachen läßt. Auch wenn zahlreiche Menschen solche oder ähnliche Beschreibungen für angebracht hielten, ist hier nicht von der Musik die Rede, sondern von den Mechanismen, die rund um diese Band greifen und ins Leere schnappen.

Mr. Bungle, ein kalifornisches Sextett, deren Tonkunst so ziemlich das postmodernste, freakigste und verspielteste ist, was jemals bei einer Industrie-Firma veröffentlicht wurde. Die ungefähren Koordinaten: eine Grundhaltung aus etwa gleichen Anteilen Hardcore und Jazz, von der aus gerne, oft und garantiert unverhofft Expeditionen in die Areale Pathos, Schweinerock, Kirmes, B-Movie, Kleinkunst, Wave, Klospülung und „es-ist-sowieso-alles-Musik“ unternommen werden.

Der Geist dahinter? Eher Walter Moers als John Cage. Das Leben des Frank Zappa, verfilmt von John Waters. Anders gesagt: Es liegt auf der Hand, daß Mr. Bungle zu Kult und späterem Erfolg verdammt ist. Denn Mr. Bungle ist der logische Endpunkt all dessen, was als Cross-over immer noch Zeitgeist schreibt und witzig ist.

Trotzdem ist die Band ein Schmerzfaktor für das involvierte Label. Denn der Sänger Vlad Dracula wird von seiner Mutter Mike Patton genannt und sammelt nebenberuflich mit dem Metal-Keyboard-Schlachtschiff Faith No More goldene Schallplatten. So kommt alles zusammen, gut und schlecht tauschen in fliegendem Wechsel die Positionen, die einst angeekelten Firmen haben es natürlich schon immer gewußt und der wildeste aller Freestyle-Comics wird von der erlebnishungrigen Jugend in Stadien verdonnert.

Uschi Steiner

Mo, 19. Februar, 21 Uhr, MarX