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Psycho-Knast reformieren

■ Wohin mit „nicht Therapiefähigen“?

Wie konnte der „Heidemörder“ Thomas Holst aus der forensischen Psychiatrie fliehen? Wohin mit den „nicht Therapiefähigen“, oder gibt es die gar nicht? Die Parteien der Bürgerschaft waren gestern ebenso irritiert wie ratlos, wie mit psychisch gestörten Inhaftierten umzugehen ist. Einig war sich das Parlament darin, daß eine Reform des sogenannten „Maßregelvollzugs“ in Hamburg dringend nötig ist. Doch statt das komplexe Thema an Gesundheits- und Rechtsausschuß zu überweisen und dort eingehend zu beraten, bestanden SPD und Statt Partei darauf, ihren Antrag durchzuboxen. Danach soll der Senat bis Jahresende seine „Überlegungen zur Reform“ vorstellen – besonders unter dem Aspekt, wann und wie schnell angeblich therapieunwillige Patienten in normale Gefängnisse abgeschoben werden können.

Weil das Gericht sie als „nicht schuldfähig“ angesehen hat, seien psychisch gestörte Straftäter in der forensischen Psychiatrie, erinnerte GALierin Dorothee Freudenberg-Hübner an den Sinn der Unterbringung im AK Ochsenzoll. Erfolg oder Nichterfolg einer Therapie änderten nichts an der verminderten Schuldfähigkeit. Und solange der Strafvollzug nicht auf Therapien und sozialpädagogische Betreuung setze, könne nicht einfach in normale Gefängnisse verlegt werden. Eine Behandlung psychisch gestörter Straftäter, wie sie die Niederlande – erfolgreich – praktizierten, könne hier nicht finanziert werden, so Statt-Chef Achim Reichert. Selbst wenn es sich später rentieren würde.

„Die Flucht von Holst ist nicht auf mangelnde Sicherheitsmaßnahmen zurückzuführen“, forderte Gesundheitsexperte Peter Zamory (GAL) eine ausführliche Beschäftigung mit dem Thema: Man müsse sich doch fragen, was mit dem therapeutischen Team im AK Ochsenzoll los sei, daß es nicht merkte, daß eine seiner Mitarbeiterinnen sich mit einem Patienten verbündete. sim

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