piwik no script img

■ Rosi Rolands Bremer GeschichtenDie Grünkohl-Affäre

Heftig gerummst hat es in der letzten Woche in Brüssel: Erst drosch ein leibhaftiger EU-Kommissar im Fernsehen auf den Vulkan ein, dann die Bremer Europaabgeordnete auf den Senat. Offenbar nicht ganz zu unrecht. Der Senat ist in Brüssel nur sehr reduziert präsent. Und der Vulkan fast gar nicht mehr.

Seit Wochen möchte der EU-Kommissar Van Miert wissen, wo die Millionen abgeblieben sind, die für die Ostwerften gedacht waren – der Vulkan antwortet nicht. Ein klassischer Fall für das Brüsseler Büro des Vulkan. Das hat der Verbund vor Jahren eingerichtet, damit es in Brüssel kurze Wege gibt. Die geht nur keiner mehr.

Anruf im Brüsseler Büro. Können wir Frau Wiener, die Büroleiterin, sprechen, bitte. Die ist in Urlaub, sagt die Sekretärin, die ganz alleine im Büro ist. Wann Frau Wiener wiederkommt? Naja, nächste Woche. An welchem Tag? Das kann ich nicht so genau sagen. Das mit dem „Urlaub“ ist – eine Notlüge. Das Bremer Firma „Quadro Unternehmenskommuni-kation“, wo die Brüsseler Büroleiterin nebenbei auch Geschäftsführerin ist, weiß zu bestätigen: Die Frau hat gekündigt, sie kommt nicht wieder ins Büro, auch nicht nächste Woche. „Berufliche Veränderungen“ stünden an, erklärt Frau Wiener selbst. Hat nichts mit den turbulenten Wochen des Vulkan zu tun. Mehr will sie dazu aber nicht sagen. Nur soviel: „Das Brüsseler Büro ist besetzt. Haben Sie da mal angerufen?“ Haben wir.

Und da gibt es ja noch das Bremer Büro in Brüssel – irgendwie, denn der zum Euro-Staatsrat mutierte Günter Niederbremer, wird dort auch eher selten gesichtet. Am Montag, als Vertreter des Vulkan und der Bundesregierung bei van Miert gut Wetter machen wollten, da lief Niederbremer wie gewohnt in Bremen durch die Gegend. Macht aber nichts, wissen die, die es wissen müssen. Niederbremer ist in Brüssel eh verzichtbar, weil die wirkliche Arbeit dort sowieso ein ganz anderer macht: Horst Seele, hochkompetenter Büroleiter. Nur der war am Montag auch in Bremen. Warum bloß, wo er woanders gebraucht wurde?

Die Antwort: Seele war in geheimer Mission unterwegs, wie das Rathaus weiß, und das muß es ja wissen. Seele sollte ein wichtiges Treffen in Brüssel vorbereiten. Wirtschaftssenator Hartmut Perschau kontaktiert am Dienstag dort wichtige Leute – auch in Sachen Vulkan, aber das ist eher nicht der Grund für die erste Reise Perschaus in die EU-Hauptstadt in seiner Eigenschaft als Senator. Am Dienstag, Achtung, jetzt kommts, findet nämlich das diesjährige traditionelle Bremer Grünkohl-Essen in Brüssel statt. Und dafür, Obacht, jetzt kommts erst richtig dicke, war Seele in Bremen unterwegs, und zwar, um Grünkohl und Pinkel einzukaufen damit Perschau und Co. nicht hungern müssen. Wie dichtete die Bremer Straßenbahn AG so unnachahmlich? Eten, suupen, puupen, dat mook buten. Unterdessen bricht der Vulkan zusammen. Aber das nennt man dann wohl Bremer Krisenmanagement, befürchtet Ihre Rosi Roland

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen