Kummerkasten mit Machtinstinkt

■ Der Hauswart ist eine aussterbende Spezies. Im Laufe der Zeit hat sich das Berufsbild gewandelt: von der putzenden Portiersfrau zum „schlechtbezahlten Geringverdiener“

Wieder einmal stirbt ein Beruf aus. „Die klassische Hauswartsfrau gibt's schon lange nicht mehr“, lacht Christa Flur vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen. Nach der Portiersfrau, der „putzenden, aufpassenden Frau“, habe sich nach dem Zweiten Weltkrieg das „klassische Hauswartsehepaar“ durchgesetzt. Seit Anfang der achtziger Jahre sei es der „Hauswart vor Ort“, der sich die Sorgen und Nöte der Mieter anhört, tropfende Wasserhähne repariert und Glühbirnen im Treppenhaus auswechselt. Mittlerweile, so Christa Flur, seien es verstärkt die „Hausbesorger“, die wegen der hohen Handwerkerkosten mehr und mehr selbst für kleine Reparaturen zuständig seien.

Bei der „Gesobau“, die insgesamt 26.000 Wohnungen verwaltet, gibt es sowohl Hauswartsehepaare als auch Vollbeschäftigte und Teilzeithauswartsfrauen. Im Märkischen Viertel mit seinen 16.000 Wohnungen sind es vorwiegend Hauswartsehepaare, die sich um das Wohl der Mieter kümmern. Ein aufreibender Vollzeitjob: Jedes Paar ist für etwa 250 Wohnungen, die Reinigung und Schneebeseitigung zuständig und „erster Ansprechpartner“, erklärt Elke Spohn von der „Gesobau“. Wegen der „enorm hohen Mietertreue“ in dem Neubaugebiet würden nicht selten Kinder den Job ihrer Eltern übernehmen.

Die gute alte Hauswartsfrau „mit eigenem Revier“ beschäftigt die „Gesobau“ nur noch in Wedding und in Borsigwalde. Die 44 Hauswartsfrauen dort sind „Mädchen für alles“, so Elke Spohn. Um die etwa 2.000 Wohnungen in Tempelhof und Wilmersdorf, wo die Reinigung durch Fremdfirmen erledigt wird, beschäftigt die „Gesobau“ 33 „Teilzeithausfrauen“, die als „Vertrauensperson“ die Wünsche der Mieter weiterleiten. „Unsere Hauswarte werden insgesamt super beurteilt“, freut sich Elke Spohn. Die schlechteste Note, die bei einer Umfrage im Märkischen Viertel verteilt wurde, sei eine 2,1 gewesen.

In Ostberlin gibt es keine Hauswartsehepaare. Dort steht der einzelne Hausmeister seinen Mann, führt kleine Reparaturen aus und überwacht die Reinigung und Gartenpflege der Fremdfirmen. Die Wohnungsbaugesellschaft Hellersdorf, die 36.000 Wohnungen verwaltet, beschäftigt insgesamt 180 Hausmeister. In Mitte sind es gar nur 60 Hauswarte, die sich um 29.000 Wohnungen kümmern. Da der Kontakt zu den Mietern hauptsächlich über Briefkästen und Anrufbeantworter läuft, ist das Verhältnis alles andere als persönlich. Nur in den Altbauwohnungen in der Spandauer Vorstadt, so Susanne Schmidt von der Wohnungsbaugesellschaft Mitte, sei es anders: Die Bindungen zwischen Mietern und Hausmeister seien dort enger und das „Anspruchsdenken“ geringer als bei Bewohnern von Neubauten. „Die wurden noch nie verwöhnt“, so Susanne Schmidt.

Doch bald hat die Wohnungsbaugesellschaft Mitte gar nichts mehr mit ihren Hauswarten zu tun. Denn demnächst, so Susanne Schmidt, werde man die Hauswarte „ausgliedern“. Dann wird sich eine Tochtergesellschaft um die Reinigung und Instandhaltung der Häuser kümmern. Eine Praxis, die andere Wohnungsbaugesellschaften schon länger praktizieren. In Prenzlauer Berg organisiert eine Tochtergesellschaft die Reinigung über Fremdfirmen. In privat verwalteten Häusern bietet die Tochtergesellschaft seit Anfang des Jahres den sogenannten Hauswartsservice an. Das sind mit Handys ausgestattete Hauswarte, die von den Mietern angerufen werden können.

„Der einzelne Hauswart paßt seit Mitte der siebziger Jahre nicht mehr ins Bild“, so die Einschätzung von Hartmann Vetter, Chef des Berliner Mietervereins. Das „Aussterben des klassischen Einzeleigentümers“ würde zwangsläufig zur Abschaffung dieser Berufsgruppe führen. Weil die Kapitalgesellschaften im Westteil der Stadt und die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften im Ostteil immer mehr Fremdfirmen beschäftigten, leidet die Qualität der Hausarbeit. „Das sind schlechtbezahlte Geringverdiener. Die putzen mit einem Eimer das ganze Treppenhaus“, so Vetter. Wenn die Hauswarte nur noch die Fremdfirmen kontrollieren, müsse es zwangsläufig zu einer „Entfremdung“ führen. Und wer wolle schon gerne nur als „Kummerkasten“ fungieren, fragt sich Vetter. „Hauswart macht doch nur noch jemand, um an eine Wohnung zu kommen“, ist Vetter überzeugt, „oder um seine Machtinstinkte auszuleben.“ Barbara Bollwahn