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Vorauseilende Rechtsprüfung

■ Will das niedersächsische Umweltministerium für das Endlager Gorleben den Grafen Bernstorff enteignen?

Hannover (taz) – Nach dem jüngsten Bundesverwaltungsgerichtsurteil zum Endlager Gorleben prüft jetzt das niedersächsische Umweltministerium eine Enteignung von Andreas Graf Bernstorff, der den größten Teil des Endlagersalzstockes besitzt. Nach wie vor sei das Unweltministerium zwar prinzipell der Auffassung, daß das Bundesberggesetz eine Enteignung der gräflichen Salzrechte für den Endlagerbau nicht hergebe, sagte gestern eine Sprecherin des Ministeriums in Hannover. Allerdings müsse man sich sehr wohl mit den Aussagen des höchsten deutschen Verwaltungsgerichts auseinandersetzen.

Mit dem Widerspruch, den das Bundesamt für Strahlenschutz gegen die erste Ablehnung der Enteignung eingelegt hatte, will sich das Umweltministerium jedoch Zeit lassen. Die im Landkreis Lüchow-Dannenberg beheimatete Grünen-Landtagsabgeordnete Rebecca Harms wirft Monika Griefahn trotzdem vor, aus Furcht vor erneuten Schadensersatzklagen die entscheidenden Hürden für den weiteren Endlagerbau einzureißen.

Tatsächlich hatte das Bundesverwaltunsgericht in der Begründung des Urteils, das im November den Weiterbau in Gorleben erlaubt hatte, auch zu den gräflichen Salzrechten Stellung genommen. „Nicht ausgeschlossen“ sei zumindest, daß eine der Enteignungsmöglichkeiten des Bundesberggesetzes in diesem Falle greife. „Eher fernliegend“ sei dagegen die Annahme, daß die gräflichen Salzrechte ein unüberwindbares Hindernis gegen das unterirdische Atomendlager seien.

Für Graf Bernstorffs Anwalt Rainer Geulen hat das Bundesverwaltungsgericht mit diesen Sätzen allerdings „eine Entscheidung über diese Frage bewußt offengelassen“. In der mündlichen Verhandlung hätten sich die Berliner Verwaltungsrichter eher lustig gemacht über die verzweifelten Versuche des Bundes, eine Rechtsgrundlage für eine Enteignung zu nennen, die eben das Bundesberggesetz nicht hergebe.

Das Urteil, über das man sich im Umweltministerium in Hannover jetzt den Kopf zerbricht, scheint Griefahns Haus teilweise selbst verschuldet zu haben. In der mündlichen Verhandlung im vergangenen November, bei der es um einen Streitwert um 272 Millionen Mark gegangen war, hatte kein höherer Beamter aus Hannover Zeit gefunden, anwesend zu sein. Bereits eine Stunde nach Beginn des fünfstündigen Verhandlungstermins mußte der Anwalt des Landes zu einem anderen Termin und ließ sich durch einen jüngeren Kollegen vertreten. Jürgen Voges

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