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Controlling vom Feinsten

■ Im Falle Vulkan hörnte die Wirtschaft die Politik

Je höher der Einsatz, desto vertrauensseliger wird die Bundesregierung. Während sie hinter jedem Sozialhilfeantrag einen Abzocker vermutet, der mit allen Mitteln überprüft werden muß, brauchen Milliardenempfänger kaum Kontrollen zu fürchten. Sie bestimmen selbst, inwieweit der Staat ihnen in die Bücher gucken kann.

Der Bremer Vulkan hat Hunderte von Millionen Mark aus der Staatskasse in seine maroden Westfirmen gesteckt. Bestimmt war das Geld für die Sanierung von vier Ostbetrieben. Doch die Vulkan-Manager gestalteten den Vertrag mit der Treuhand gleich so, daß der Diebstahl lange nicht auffiel. Und vermutlich hätte auch heute noch niemand Wind davon bekommen, wenn nicht der Gesamtbetrieb kurz vor der Pleite stünde. Das Geld jedenfalls ist weg. Bezahlen müssen entweder die WerftarbeiterInnen mit ihren Jobs oder abermals die SteuerzahlerInnen.

Dennoch behauptete der Chef der Treuhand-Nachfolgeorganisation BvS, Heinrich Hornef, auch gestern noch, die Kontrollmechanismen seiner Anstalt seien „funktionstüchtig“. Das Vulkan-Desaster sei lediglich darauf zurückzuführen, daß die informierten Kreise aus Managern und Bankern nicht in Berlin Bescheid gesagt hätten, daß sie die Staatsgelder vertragswidrig verwendet hätten. Kurzum: Nur wenn sich die Betrüger selbst outen, fällt es auch der BvS auf – ein wirklich äußerst effektives Controlling.

Hornef wies gestern ausdrücklich auf die besondere Verantwortung der Banken in dieser Situation hin – „in ihrer Rolle als informierte Kreditgeber und in Hinblick auf ihre Präsenz im Aufsichtsrat des Bremer Vulkan“. Der Hintergrund ist klar: Bei einem Konkurs des Vulkan haben sie weitaus bessere Sicherheiten als die ehemaligen Treuhand-Betriebe gegenüber dem Mutterkonzern. Einmal mehr appelliert Hornef an den Anstand der Wirtschaftskapitäne. Etwas anderes hat er auch diesmal nicht in der Hand.

Die aber dürfte das wenig beeindrucken. Gestern trafen die Vulkan- Banker in Bremen den Vergleichsverwalter und berieten mit ihm die Aufteilung der verbliebenen Pfründen. Die BvS blieb wieder vor der Tür. Statt dessen empfing Hornef den ebenfalls gehörnten Wirtschaftsminister Rexrodt und beriet mit ihm, wie man die Ostwerften doch noch über die Runden kriegen könnte. Annette Jensen

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