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Grüne Umzugsmuffel setzen sich durch

■ Parteizentrale der Bündnisgrünen zieht erst nach dem Europawahlkampf 1999 und nicht schon vor der Bundestagswahl 1998 an die Spree. Kritik von Berliner und ostdeutschen Landesverbänden

Die Bündnisgrünen verschieben den Umzug ihrer Parteizentrale nach Berlin. Erst nach der Europawahl 1999 müssen der Bundesvorstand und die derzeit 22 MitarbeiterInnen in Bonn ihre Koffer packen. Dies beschlossen am Wochenende die Delegierten des Bundesparteitages in Mainz nach einer streckenweise erregten Debatte.

Mit deutlicher Mehrheit warfen die Grünen einen früheren Beschluß über den Haufen, wonach der Umzug noch vor den Bundestagswahlen 1998 über die Bühne gehen sollte. Überraschend kam der Meinungswandel aber nicht. Ende Januar hatte sich bereits der Länderrat, das höchste Gremium zwischen den Parteitagen, für den späteren Umzugstermin ausgesprochen.

Der Beschluß stieß vor allem bei den ostdeutschen Landesverbänden und den Berliner Grünen auf Kritik. Sie hatten sich für einen raschen Umzug eingesetzt. „Es geht dabei um mehr als ein Symbol“, erklärte Marianne Birthler. „Dieses Land sieht aus der Perspektive Bonn ganz anders aus als aus der Perspektive Dresden oder Berlin.“ Der frühe Umzug hätte die Position der ostdeutschen Landesverbände innerparteilich und auch in der Außenwirkung gestärkt, schätzt auch der Fraktionschef der Bündisgrünen im Berliner Abgeordnetenhaus, Wolfgang Wieland, der die Entscheidung „verurteilte“. „Der Zug fährt nach Berlin, das ist nicht mehr aufzuhalten. Es wäre klug gewesen, vorne mitzufahren und nicht hinten im Bremserhäuschen.“ Wieland befürchtete, daß die Grünen womöglich als letzte Partei ihren Sitz in die Hauptstadt verlegen. Als Hauptargument für den späteren Termin nannte Bundesvorstandssprecher Jürgen Trittin die enge Zusammenarbeit von Parteivorstand und grüner Fraktion im Bundestag. Eine räumliche Trennung sei dem abträglich, der Bundestag werde aber kaum vor 2002 nach Berlin umsiedeln. Außerdem lasse sich der Bundeswahlkampf 1998 nur mit großen Schwierigkeiten von Berlin aus organisieren, wenn die Bundestagsfraktion noch in Bonn sei.

„Das leuchtet mir nicht ein“, erklärte dagegen Wolfgang Wieland. „Den Bundestagswahlkampf kann man theoretisch von überall führen.“ Bei einer so starken Bundestagsfraktion habe er auch keine Bedenken, daß die Medienpräsenz der Grünen abnehmen könnte, wenn der Parteivorstand in Berlin sitze.

Wieland hofft, „daß es jetzt nicht zu einer Trotzreaktion der Ostverbände kommt“. Der Beschluß für den frühen Umzugstermin war nämlich ein Zugeständnis an die ostdeutschen Landesverbände, weil beim Bundesparteitag in Potsdam im Dezember 1994 kein Ostdeutscher zum Bundessprecher gewählt wurde. Zum Ausgleich wurde damals ein früher Umzugstermin für die Parteizentrale beschlossen.

Doch auch bei den Grünen gibt es ausgesprochene Umzugmuffel. Eine Bonner Mitarbeiterin kündigte bereits an, daß sie am Rhein bleibe. Ihre Begründung offenbarte wahre Horrorvorstellungen von der Hauptstadt: „In Berlin gibt es so viele Junkies.“ Dorothee Winden

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