„Ich war schon oft extra breit“

■ „Nichts ist für immer!“ Harald Juhnke hat mit „Extrabreit“ eine Platte eingespielt

„Richtig laut und agressiv“ will Harald Juhnke ins Mikro gebrüllt haben, als er mit der wiedererweckten NDW-Kapelle „Extrabreit“ die Single „Nichts ist für immer“ einspielte. Die Anstrengung hat sich gelohnt: „Hitverdächtig!“ urteilte die Bild. Mit dem deutschen Frank Sinatra und dem „Extrabreit“-Barden Kai Havaii sprach Benjamin von Stuckrad-Barre

taz: Kai Havaii und Harald Juhnke – ein lustiges Paar. Wie haben Sie sich kennengelernt?

Havaii: Wir hatten schon seit Jahren vor, was mit dem Juhnke zusammen zu machen. Der ist eine interessante Figur, ein Gesamtkunstwerk, einfach deutscher Kult.

Herr Juhnke, wissen Sie, in welche Reihe Sie sich da einreihen?

Juhnke: Ich wußte nicht, daß Kai das war, aber ich hatte die Albers-Geschichte mitgekriegt („Flieger, grüß' mir die Sonne“), dann das Duett mit Hildegard Knef („Für mich soll's rote Rosen regnen“) ...

... und Marianne Rosenberg ...

Juhnke: Das wußte ich nicht.

Havaii: Das ist auch schon eine ganze Weile her, das war 1982. Und dann haben wir eben gedacht, der Juhnke würde dem Ganzen jetzt die Krone aufsetzen. Und dann hatten wir eine konkrete Idee und haben Juhnke gefragt, ob er grundsätzlich Interesse hat, dann haben wir ihm den Song vorgespielt, den fand er klasse – das ging dann sehr schnell.

Und das finden Sie auch nicht zu krachig?

Juhnke: Sowas donnerte ja früher immer schon pausenlos aus dem Zimmer meines Sohnes, und ich habe ihn auch mal begleitet in so eine Bar, so eine Disco, da habe ich mich reingeschlichen und geguckt, was er so treibt, und dadurch war mir das nicht fremd.

Aber mit Ihrem üblichen Swing-Gesang kamen Sie ja gegen die Gitarren auch nicht an, da mußten Sie beinahe schreien.

Juhnke: So richtig laut und aggressiv, wie es sich gehört.

Havaii: Aber es ist auch was Chansonartiges drin, so expressiv.

Juhnke: Ja, und dann werfe ich auch so Wortfetzen ein, habt Ihr das eigentlich dringelassen?

Havaii: Ja, ja, klar, die sind dringeblieben. Wir wollten ja auch nicht Juhnke als Rock-'n'-Roll-Sänger, sondern gerade den Gegensatz haben und das dann verbinden.

Kennen Sie denn noch andere Rockbands?

Juhnke: O ja. Die Rolling Stones habe ich mitgekriegt und auch die Beatles. Aber musikalisch bin ich eigentlich immer bei Sinatra stehengeblieben.

Das ist früh.

Juhnke: Da war ich so um die 20, nach dem Krieg. Sinatra. Sammy Davis, das waren ja unsere Helden, und die verläßt man ja nicht. Ich habe natürlich auch Elvis Presley mitgekriegt und die Rolling Stones, aber wenn wir 'ne Braut kennenlernten, dann war Sinatra sicherer als die Stones.

Und wie finden Sie den Namen Extrabreit?

Juhnke: Den finde ich sehr gut, weil er sich mehrfach deuten läßt. Extrabreit kann heißen, daß einer total besoffen ist. Extrabreit kann aber auch heißen: „Ich will hier raus!“ Das löst das bei mir aus.

Havaii: Ganz konkret war es so, daß wir am Küchentisch saßen und nach einem Namen gesucht haben, da lag auf dem Tisch zufällig so ein dicker Edding-Stift ...

Juhnke: Aha, na ja, mehrfach auszulegen eben.

Wenn man das mal aueinanderschreibt: Waren Sie auch mal extra breit? Also mit Absicht?

Juhnke: Ich war schon oft extra breit. Manchmal habe ich es auch benutzt, ja. Da fällt mir gerade ein: Mit mir wollte ja schon mal jemand was zusammen machen. Äh, Campino? Gibt es den?

Ja, ja, den gibt es.

Havaii: Und in Hagen gab es mal eine Punkband. Die nannte sich „Harald Juhnkes Armee“.

Juhnke: Wie heißt denn noch dieser Kölsche Rocker?

Wolle Niedecken?

Juhnke: Genau. Der hat mir mal von einer Gruppe erzählt, die immer „Ein Whisky zuviel kann Dein Schicksal sein“ gespielt hat. Und die nannten sich „Harald Juhnke oder die Angst vor dem Exzeß“ oder so.

Und da sind Sie nicht gekränkt, daß sich da jemand über Sie lustig macht?

Juhnke: Nein. Über mich kann sich niemand lustig machen. Ich bin jemand, der vieles von dem, was man über ihn erzählt, unterschreibt.

Egal, ob Dichtung oder Wahrheit?

Juhnke: Ich bin ja so, wie ich bin. Lustigmachen wäre ja, wenn sie sich hämisch über mich hermachen würden, und das hat noch keiner gemacht.

In Ihrem gemeinsamen Song „Nichts ist für immer“ heißt es: „Wir fallen auf die Schnauze und stehen wieder auf. Und unaufhörlich nimmt das Schicksal seinen Lauf“ – alles nur Schicksal?

Juhnke: Vorherbestimmt ist das nicht, es hängt von einem selber ab, wenn man runterfällt.

Das klingt sehr fatalistisch.

Juhnke: Es ist schon so, daß man das Schicksal spürt, daß man aus der Mühle nicht rauskommt.

Havaii: Aber man kommt wieder raus, das ist das Wichtige.

Juhnke: Es geht immer rauf und runter, endet aber immer positiv. Die Münchner Abendzeitung nennt mich jetzt sogar ein „Genie“. Foto: Benno Kraehahn