: Ein bißchen Sonne für den Kanzler
■ Europäische Konferenz über Solarenergie diskutiert Formen umweltfreundlichen Bauens. Regierungsgebäude sollen 15 Prozent Energie sparen. Architekten sind auf neue Technik unvorbereitet
Die Architektur der Gegenwart ist alles andere als ressourcensparend. Energieaufwendige Baustellen, mamorne Fassaden sowie der Einsatz von Ölheizungen, Klimaanlagen, indirekter Beleuchtung und Kunststoffen prägen etwa das Bild der neuen Friedrichstraße. Doch die Stadt der Zukunft ist nur überlebensfähig, wenn Architekten und die Bauindustrie radikal umschwenken beim Häuslebauen: durch die Nutzung von Sonnenenergie, natürlicher Belichtung und den schonenden Gebrauch von Materialien. Stein ist out – Glas ist in. „Wer im nächsten Jahrtausend noch in bezahlbaren Gebäuden leben und arbeiten will“, sagte gestern Hermann Scheer, Chef von „Eurosolar“, zu Beginn der Europäischen Konferenz über Solarenergie in der Architektur und Stadtplanung, „muß jetzt eine andere Architektur wollen“. Erdöl und andere fossile Energieträger reichten gerade noch fünf Jahrzehnte. Effizienz und Sparsamkeit, eine gute Energiebilanz sowie der Einsatz „intelligenter“ Techniken für die Bauten sei dringend notwendig.
Die Konferenz, an der 600 Fachleute teilnehmen, präsentiert an vier Tagen im Haus der Kulturen der Welt eine Ausstellung mit Solararchitektur.
Die häufig aufgestellte Rechnung der Betonlobby, Solararchitektur und umweltgerechtes Bauen sei zu teuer, kann der Öko- Architekt Thomas Herzog nicht akzeptieren. „Es ist unanständig, wenn man langfristig zuviel Energie verbraucht“, sagte Herzog. Umweltgerechtes Bauen mit Solaranlagen, natürlicher Belichtung, Belüftung und Klimatisierung könne schon jetzt bei richtiger Planung und Ausführung zur Kostenminderung führen. Herzog bemängelte, daß sowohl die Architekten als auch die Handwerksbetriebe „mit neuen Solartechniken nichts anfangen können“. Einen Wandel der Werte und eine Ausbildungsoffensive sei darum angebracht.
Bundesbauminister Klaus Töpfer (CDU) will beim Solarhaus vorangehen. Die erste Aufgabe müsse allerdings sein, „energievermeidende Strukturen“ wie Abrisse und großflächige Neubebauung zu schaffen. Ausschreibungen sollten Vorgaben für Energiebilanzen und Solarstandards enthalten. Für die Neubauten im Spreebogen sollen bis zu 15 Prozent des Wärme- und Stromverbrauchs durch regenerative Energie gedeckt werden, so Töpfer.
Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) stellte gestern die baldige Verabschiedung einer „Solaranlagenverordnung“ in Aussicht, um die Durchsetzung von Sonnenenergie beim Hausbau in Berlin zu ermöglichen. Wer dafür die Kosten trägt, ist noch ungeklärt. Rolf Lautenschläger
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