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In Argentinien und Brasilien meutern die Häftlinge

■ Gefangene fordern bessere Haftbedingungen – manche auch Drogen und Waffen

Rio de Janeiro (taz) – Die Gefängnisrevolte in der argentinischen Provinz Buenos Aires weitet sich aus. Nach Berichten der argentinischen Tageszeitung Clarin vom Dienstag haben sich mittlerweile alle zehntausend Gefangenen in der Provinz dem Aufstand angeschlossen, der am Wochenende in der Haftanstalt „Sierra Chica“ begann.

In dem Gefängnis in der Stadt Olavarria sind beim Schußwechsel mit der Polizei bereits vier Häftlinge gestorben. Mit fünfzehn Geiseln wollen die Gefangenen ihren Forderungen nach besseren Haftbedingungen Nachdruck verleihen. Im Nachbarland Brasilien halten dreißig Häftlinge aus dem Gefängniskomplex „Cepaigo“ in der Stadt Goiania 18 Geiseln in ihrer Gewalt. Die Häftlinge fordern Drogen, Waffen und Fluchtwagen.

Hinter argentinischen Gefängnismauern drängen sich Schwerverbrecher und Untersuchungshäftlinge, die noch auf ihre Verurteilung warten, auf engstem Raum. Nach Angaben argentinischer Behörden sind die Haftanstalten bis zu 90 Prozent überbelegt. Viele Gefangene verbringen mehr als zwei Jahre in Untersuchungshaft, bis sie verurteilt werden. Trotz der zahlreichen Petitionen, die aus allen Haftanstalten bei den Justizbehörden eingingen, blieb Argentiniens Präsident Carlos Menem hart: „Die Meuterei ist politisch organisiert. Jemand versucht, im Hintergrund heimlich die Fäden zu ziehen“, erklärte er.

„Wir meutern aus Solidarität mit den anderen Häftlingen“, riefen in der Strafvollzugsanstalt „Olmos“ einige Häftlinge, die das Dach der Haftanstalt besetzt hatten. Die 3.334 Insassen des Gefängnisses haben seit vergangenen Sonnabend drei Gefängniswärter in ihrer Gewalt und überreichten dem Direktor der Anstalt, Lotenzo Nunez, eine Liste mit ihren Forderungen: Keine Zusatzstrafen bei schlechter Führung sowie Haftreduzierung für „bewaffneten Raubüberfall“. Die Forderungen der Insassen verloren allerdings durch eine Spaltung der Meutereibewegung am Montag an Gewicht. Langzeithäftlinge, deren Freilassung absehbar ist, angeblich die Mehrheit, plädierten für eine Ende der Gefängnisrebellion.

Unterdessen verwandeln dreißig Häftlinge die Haftanstalt „Centro Penitenciario Agroindustrial de Goias“ im Nachbarland Brasilien in ein Pulverfaß. Statt besserer Haftbedingungen fordern die Insassen, die 18 Geiseln in ihrer Gewalt haben, Drogen, Fluchtwagen und Waffen. Meutereianführer Leonardo Pareja provozierte am Montag die Polizei: Er rauchte genüßlich Marihuana auf dem Dach des Gefängnisses und spielte Gitarre.

„Um Tote zu vermeiden, müssen wir Ausdauer beweisen“, erklärt Eli Alves Forte, Verhandlungsführer des brasilianischen Rechtsanwälte-Verbandes OAB. Verfassungsrichter Assis Toledo bezeichnete gegenüber der brasilianischen Zeitung Jornal do Brasil Brasiliens Gefängnisse als „unzumutbar“.

Mehr als 130.000 Häftlinge quetschten sich auf 60.000 Plätzen hinter Gittern. Laut Statistik flüchten pro Tag zwei Häftlinge, drei mal pro Monat wird gemeutert, und 275.000 Haftbefehle warten darauf, vollstreckt zu werden. Astrid Prange

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