: Aprilscherz im März
■ betr.: „Atomstrom-Dereflektor“, taz v. 30.3.96
Bedauerlicherweise löst der von Ihnen vorgestellte Atomstrom- Dereflektor am 1. April 96 den bewährten Atomstrom-Reflektor ab, der ab diesem Tag auf Betreiben der EVUs nicht mehr vertrieben werden darf. Atomstromgegner können ab diesem Tag Atomstrom nur noch dereflektieren statt reflektieren, was eindeutig die schlechtere Alternative ist. Da, wie Sie erwähnen, die Dereflektoren die Unregelmäßigkeiten des Interferenzspektrums ausnutzen und nicht, wie es gescheiter wäre, auf der Basis der Analyse der Regelmäßigkeiten der Spektrumsinterferenzen der Inhomogenitäten des Atomstroms arbeiten, liegt der Dereflexionsgrad nur noch bei 100 Prozent im Vergleich zu den 1.227 Prozent des Reflexionsgrades der alten Reflektoren. Weil die EVUs nicht mehr bereit waren, die zusätzlich reflektierten 27 Prozent elektrischer Energie, die ja eine Mehrleistung der Atomstromgegner darstellen, anständig zu bezahlen, kam es zu diesem Verbot.
Wie jedes Kind weiß, haben die Dereflektoren einen gravierenden physikalischen Nachteil: Da sie mit EB arbeiten („Electron Bashing“, die schallgedämmte Version des etwas lärmigen „Electron Smacking“), um die unerwünschten Atomelektronen zum Rückzug zu bewegen, kommt es zu Aufblähungen und Blasenbildungen der Elektronenoberfläche, was eine Volumenvergrößerung bedeutet. Die zurückflutenden Elektronen lassen die Stromleitungen anschwellen und dafür sind die altersschwachen Leitungen unserer Netze nicht ausgelegt! Beim Platzen der Leitungen werden gerade die angeschwollenen Atomelektronen herunterfallen und nutzlos herumliegen! Davor kann gar nicht genug gewarnt werden! [...] Michael Karger, Bielefeld
Über den originellen Scherz mit dem Atomstrom-Dereflektor habe ich mich köstlich amüsiert. Der Beitrag war so gut wie die Aprilscherze in meiner Elektronikzeitschrift in den 80ern mal waren. Nur – der erste April ist doch erst Montag?
Ein Testanruf unter der angegebenen Rufnummer, in Erwartung höhnischen Gelächters, gipfelte in einer Überraschung: Der Spruch auf dem Anrufbeantworter ließ jeden Humor vermissen.
Seitdem beschleicht mich der Verdacht, daß ihr da auf einen Frühzünder hereingefallen seid (um mal die harmlosere von zwei Alternativen zu nennen). Ich meine – der Apparat verrät sich doch schon am Namen. Der Reflektor wird durch ein vorgestelltes De- ganz schnell wieder neutralisiert. So kann man hinterher nicht mal auf Etikettenschwindel klagen.
Also: Solltet Ihr das als Scherz gemeint haben, so dürft ihr jetzt herzhaft über meine Begriffsstutzigkeit lachen. Ich mach' da gerne mit und beginne sofort mit dem Aufbau eines roten Blinklichts mit der Aufschrift „Satire“, das schalte ich mir dann immer beim Lesen der letzten Seite ein. Sollte es diese Solar-Einkaufsgemeinschaft aber ernst gemeint haben, so empfehle ich Euch dringend, euch auf eure Stärke – die Recherche – zu besinnen und gutmeinende Kunden vor dem potentiellen Betrug zu bewahren. [...] Karsten Sievert, Düsseldorf
Weitergehende geheime Tests haben gezeigt, daß die Sache auch bei Rindfleisch funktioniert: Man muß die Sache umpolen und mit kosmischer Energie aufladen, dann wird wahnsinniges Fleisch umgehend zurückgebeamt. Ob die Sache sich auch für Nachrichten anwenden läßt, testen wir zur Zeit in streng geheimen Versuchen. Gerhard Wagner, Reutlingen
Da seid Ihr der Zeit ja mal wieder etwas voraus. Also: so geht es aber nicht! Die Aprilscherze schon am 30. 3. Was bleibt denn dann noch für den 1. 4.? In 17 Jahren bringt Ihr dann die Aprilscherze zu den Iden des März (und die taz erscheint 14tägig?). Wenn Ihr also nochmals einen Aprilscherz verfrüht bringt, sehe ich mich leider gezwungen, mein Abonnement ... weiterzuführen!
Ich habe mich herzlich gefreut über den „Atomstrom-Dereflektor“. Das ist noch besser als die Behauptung, daß Strom aus alten Braunkohlekraftwerken besonders üblen Elektrosmog erzeugt. [...] Ralf Schaper, Kassel
Wichtiges verschwiegen! Die meßtechnische Identifikation der Atomstrom-Anteile in der Steckdose bereitet aus wissenschaftlicher Sicht kein großes Problem. Auch die Dereflektion dieser Anteile zurück zum Atomkraftwerk gelang einem Forscherteam an der Universität Erlangen/Nürnberg bereits 1985.
Jedoch wird der dereflektierte Strom an den herkömmlichen Wechselstromzählern ein zweites Mal gemessen. Der Atomstrom muß demnach also doppelt bezahlt werden. Der Anwender erweist sich und der Sache also einen Bärendienst. Die Einführung neuartiger Stromzähler, die dereflektierte Ströme subtrahieren, wurde von den EVUs aus verständlichen Gründen bislang hinausgezögert.
Diesen Sachverhalt hätten Sie nicht verschweigen dürfen, wenn Sie den Verkauf des Gerätes – gerade an Atomkraftgegner – fördern möchten. G. Nugh vom Ingenieurbüro
O. Saft, Nürnberg
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