Hassan will heim

■ Bremen gilt als liberal, trotzdem werden Flüchtlingskinder vom Gesetz benachteiligt

Klassenfahrt? Nicht so einfach für den 16jährigen Arton. Seine Eltern stammen aus dem Libanon. Weil sie kein Asyl erhalten, aber auch nicht abgeschoben werden, ist die Freiheit ihrer Kinder beschränkt. Wegen der „Aufenthaltsgestattung“ im Paß braucht Arton für Reisen über 100 Kilometer eine Extra-Erlaubnis des Ausländeramtes. Schlimmer finden SozialarbeiterInnen, daß Artons kleiner Bruder als Flüchtlingskind kein Recht auf einen Kindergartenplatz hat. „Würden die Eltern anderer Kinder nicht für ihn zahlen, könnte er nicht hingehen“, sagt Uli Barde vom Kinder- und Jugendhaus Schildstraße. Flüchtlingskinder seien von vielen Sozialleistungen ausgenommen.

Um Bilanz zu ziehen, hatten das Kinderhaus und der Kinderschutzbund gestern zur Fachtagung „Zur Situation von Kindern und Jugendlichen in Flüchtlingsfamilien“ eingeladen. Es kamen 20 FlüchtlingsbetreuerInnen, BehördenvertreterInnen und PolitikerInnen. „Meist arbeitet jeder isoliert“, sagte Olaf Emig von der Jugendgerichtshilfe im Sozialamt – und rüttelte die Versammlung auf: „Es ist eine Schweinerei, daß 16jährige Flüchtlingsjugendliche immer wieder wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft übernachten müssen, wenn sie wegen Betäubungsmitteldelikten festgenommen werden.“ Diese Behandlung treffe nur Flüchtlingsjugendliche. Ihm gegenüber hätten Richter das Asylschiff, wo die jungen Leute zwangseingewiesen werden, „jugendgefährdend“ genannt. Eine andere Unterbringung sei oft schwer, weil das Kinder- und Jugendhilfegesetz erzieherische Leistungen für Flüchtlinge ausschließe, wenn unsicher ist, daß sie in Deutschland bleiben, und weil 16jährige danach wie Erwachsene behandelt würden.

Der Fachmann der Sozialbehörde, Erhardt Heintze, intervenierte: „Bremen ist liberaler als andere Bundesländer“. Daß Kinder aus Flüchtlingsfamilien keinen Kindergartenplatz bekommen, habe er noch nie gehört. Allerdings kritisierte auch er, Flüchtlings-Jugendliche schon mit 16 wie Erwachsene zu behandeln. Bereits für Jugendliche ab 13 Jahren gebe es zu wenig Betreuungsangebote. Das treffe besonders ausländische Jugendliche. Besonders problematisch sei die Unterbringung von Familien in Billig-Pensionen, wo den Jugendlichen überhaupt keine Angebote gemacht würden.

In so einer Pension lebten Arton und sein Bruder Hassan zwei Jahre lang. Nie waren sie alleine. Immer war jemand aus der sechsköpfigen Familie in dem einen Zimmer, in dem alle lebten. An Hausaufgaben war nicht zu denken. Heute hat Hassan vom Leben in Deutschland genug: „Ich hoffe, wir werden bald abgeschoben“, sagt er.

Im Libanon herrscht Krieg. ede