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Hochseilakt bei Baukosten für neues Tempodrom

■ Neue Kalkulation: Statt 15 soll das Tempodrom nun 60 Millionen Mark kosten

Dem neuen Tempodrom steht ein finanzieller Hochseilakt bevor. Statt der kalkulierten rund 15 Millionen soll der Neubau am Anhalter Bahnhof über 60 Millionen Mark kosten. Die Finanzierung der Baukosten und die Planungssicherheit für mögliche Investoren wird damit noch schwieriger. Außerdem hat der Bezirk Kreuzberg den Bebauungsplan (B-Plan) für das Hochgelände zwischen Landwehrkanal und Anhalter Bahnhof noch immer nicht beschlossen.

Die Kostenexplosion läßt die Architektin Jutta Kalepky, die jetzt mit den neuen Zahlen aufwartet, allerdings kalt: „Die ursprüngliche Summe von 15 Millionen Mark war für den früheren Standort in Treptow und die Kosten der reinen Baukonstruktion veranschlagt worden“, sagte Kalepky zur taz. Für den Veranstaltungsort auf dem Gelände am Anhalter Bahnhof hätten bisher nur „Kostenschätzungen“ vorgelegen.

Die 60 Millionen Mark für den Neubau seien aufgrund der „gesamten Berechnung“ des Gebäudes und der technisch-ökologischen Ausstattung, der Erschließung sowie der Außenanlagen entstanden, so Kalepky. „Die Gebäudekosten für den zeltförmigen Bau schlagen mit 21,8 Millionen Mark am höchsten zu Buche.“ Die bautechnischen Installationen machten kaum weniger aus, nämlich knapp 20 Millionen Mark.

Teuer sind die mehrschaligen „Klimawände“ und Solarkollektoren, die Einbauten für Studios, Konferenzsäle und das „Liquiddrom“ (Unterwasserdisco), die im „äußeren Ring“ um die Hauptarena herum liegen. Kalepky: „Dieser Anteil muß weniger werden.“ Hinzu kommen die Kosten für das Grundstück, die notwendigen Erdabtragungen, die Außenanlagen und Honorare.

Für die Architektin sowie die Tempodrom-Chefin Irene Moessinger bedeuten die Zahlen „keine Luxuskalkulation“. Verglichen mit anderen Musik-, Zirkus- oder Theaterbauten sei das „nicht einmal die Hälfte“. Trotzdem wird die Finanzierung schwierig: Die Stiftung Neues Tempodrom hofft, Gelder aus dem EU-Förderprogramm zu erhalten. Außerdem hat Bundesbauminister Klaus Töpfer einen öffentlichen Batzen für ökologisches Bauen zugesagt – aber noch nicht „überwiesen“. Rund 75 Prozent der Baukosten sollen so bezahlt werden.

Zugleich müssen private Investoren und mögliche Betreiber, „100.000-Mark-Paten“ und Backsteinkäufer den Rest aufbringen. Hauptmanko bei der Investorensuche sei die fehlende Planungssicherheit, betonte Kalepki. Um den anvisierten Baubeginn im September 1997 sicherzustellen, „muß der Bezirk mit dem B-Plan bis zum Juni dieses Jahres zu Potte kommen.“ Verzögerungen könnten die geplante Eröffnung Ende 1998 platzen lassen. Noch in dieser Woche will sich der Stiftungsrat mit dem Senat über Finanzierungsmodelle beraten. Rolf Lautenschläger

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