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■ SoundchecksGehört: Everything but the Girl, Azalia Snail und Raw Stylus

Gehört: Everything But The Girl Für Fans, die die Karriere dieser Band seit Anfang der 80er Jahre verfolgen, muß es am Donnerstag in der Großen Freiheit ein groteskes Bild gewesen sein: Ausgerechnet jenes Duo, das jahrelang so konsequent auf akustisch orientierte, leise Jazz- und Folk-Klänge setzte, ließ einen DJ mit Jungle und Breakbeat das Publikum aufwärmen.

Auch mit ihrem eigenen Auftritt schickten sich Tracey Thorn und Ben Watt mit zweiköpfiger Verstärkung an, scheinbar Unvereinbares zu vereinen. In ihrer schlichten, unscheinbaren Art sprangen sie von Station zu Station ihres 12jährigen Werdegangs und zeigten, was sich durch alle ihre stilistisch noch so divergierenden Songs hindurchzieht: eine triste, herbstliche Melancholie, die einen Radio-kompatiblen Nummer-Eins-Hit wie „Missing“ ebenso auszeichnet, wie Folk-Balladen oder die Kooperation Tracey Thorns mit Massive Attack.

Auch wenn schnell deutlich wird, daß Everything But The Girl-Musik in den heimischen vier Wänden besser funktioniert, beweisen die Popjazz-Pioniere, was sie trotz Chart-Erfolgs von Kollegen wie Sade unterscheidet: Experimentierfreude und Bescheidenheit statt Stagnation und Selbstgefallen. Timo Hoffmann

Gehört: Azalia Snail Gibt es eine Grenze für Öffentlichkeit? Hört sie auf, wenn mehr auf der Bühne als vor ihr stehen? Beim Auftritt der New Yorker Low-Fi-Folkerin Azalia Snail im Knust drängten sich solche Fragen auf, denn lediglich sieben Zahlende waren auszumachen. Und das ist wörtlich gemeint. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7. Dabei hat Azalia Snail nach unzähligen liebevoll gestalteten Singles mit Blue Danube schon den vierten Longplayer aufgelegt. Zusammen mit einer Freundin am Cello setzte die Sängerin und Gitarristin mit den blonden Pippi-Zöpfen am Donnerstag ihren psychedelischen und gekonnt leiernden Folk-Pop etwas luftiger um als auf den Tonträgern. Beide nutzten den Europa-Aufenthalt unter Ausschluß der Öffentlichkeit aber vornehmlich, um auf der Bühne etwas Deutsch zu lernen. „Tscheigen ze mer de Zehenswürdigkeite!“ kam, Verwirrung stiftend, aus ihrem Mund. Anschließend wiederholten die beiden ihren Auftritt in Heinz Karmers Tanzcafé, in der Hoffnung, dort die Sterne zu treffen. Liebenswürdig. Niedlich. Doch wenn selbst die stadtbekannten Folk-Aficionados, die sich noch jeden Barden aus Übersee zu Gemüte führten, die Gefolgschaft verweigern, scheint Folk tatsächlich durch zu sein. Auf der anderen Seite taugt er wieder zu Distinktionsgewinnen.

Volker Marquardt

Gehört: Raw Stylus Für seligen, nettig eingetunteten Groove Hop braucht es genau eine Stimmung. Es ist die Stimmung, die sich ergibt, wenn einer mal nicht unter Zeitdruck steht und sich leer genug fühlt, nicht mehr entscheiden zu können, wie es ihm gerade geht. Raw Stylus spielten im Mojo Club Groove Hop für die Katze oder Leute, bei denen die Säfte so wallen wie beschrieben. Das Ensemble veröffentlicht seine Platten bei der Bertelsmann Gruppe, hätte an diesem Abend jedoch ohne weiteres von den aufrechten und nur von zuviel Tradition eingenommenen Mitarbeitern des Labels Soulciety entdeckt werden können. Es pumpte und pulste von der Bühne, aber es poppte nicht. Raw Stylus nahmen lieber dadurch ein, musikalisch zu einer solchen Hingabe einzuladen, daß sich beim gönnerhaften Mitwippen an prächtig viele Erledigungen außerhalb des Saales denken ließ. Morgen würde Alltag sein, aber er würde heute schon so ins Hüpfen kommen wie es die Band gerade vormacht. Auf diese Weise stellten sich Raw Stylus als wohlwollendes Propagandaunternehmen heraus.

Kristof Schreuf

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