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■ BoxenFriedrich fällt, doch Schiesser schweigt

Berlin (taz) – Das hier ist Boxen: Zwei richtig blutige Männer, die die Fäuste nicht mehr oben halten können, tapsen wacklig durch den Ring. Es ertönt – dong – der Schlußgong, und dann landet die Rechte des einen noch einmal am Kopf des anderen. Und dann fällt Bernd Friedrich um wie ein Sack, und Mario Schiesser torkelt durch den Ring und, obwohl ihm das keiner mehr zutraut, schafft er es irgendwie zurück in seine Ecke.

Samstag abend in Berlin, Landsberger Allee. 1.000 Leute waren da. Draußen im Gang trank WBO- Weltmeister Ralf Rocchigiani Biere, drinnen ließ der Hamburger Boxpromoter Klaus-Peter Kohl seine Kämpfer an ihrer Zukunft arbeiten. Der Hauptkampf war eine deutsche Meisterschaft im Schwergewicht, die 97. seit 1919. Es handelt sich um einen Titel, der selbst Axel Schulz nicht mehr interessiert.

Bernd Friedrich (32) ist Schlachtermeister und will ihn haben. Es war sein vierter Titelkampf. Gegen halb zwei in der Nacht sagte er, er sei „nicht weggetreten“ gewesen, und daß sein Betreuer Weller eigentlich „wollte, daß ich aufhöre“. Ein Cut am rechten Auge aus Runde zwei konnte nicht richtig geschlossen werden. Die Ecke probierte Adrenalin, worauf Friedrich auch noch mit seinem Kreislauf kämpfen mußte.

Mario Schiesser (31) ist Besitzer einer Imbißbude und sagte nichts. Er konnte nicht sprechen. Er kam auch nicht zum Buffet. Seine Bilanz liest sich eigentlich prima (33 Kämpfe, zwei Niederlagen). Sein Trainer Fritz Sdunek hat auch Rocchigiani zum Weltmeister gemacht. Schiessers Problem: Im Ring vergißt er. Alles. Sofort. Die ganze, mühsam einstudierte boxerische Linie. Vor allem, sich zu bewegen, positionieren. Friedrich hält davon eh wenig. Weil er auch trifft, aber nur vage verteidigt, gewinnt er höchstens drei von zehn Runden (97:100, 93:97, 93:99). Es ist seine sechste Niederlage.

Schiesser hat mal gegen Henry Akinwande um die EM boxen dürfen. Wenn er reden kann, sinniert er gerne über solche Kämpfe. In dieser Nacht sagt aber Universum- Geschäftsführer Peter Hanraths, er wolle „mal ehrlich sein“.

Das DSF hat den Kampf live übertragen. Dabei die Freundin von Friedrich als jene von Schiesser ausgegeben. Die Freundin von Friedrich hat das „richtiggestellt“. Am Buffet stand René Weller und sprach von einem „Leckerbissen für Boxgegner“. Rundengirl Gudrun hätte demnächst eine WM- Chance verdient.pu

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