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„Akzeptabel“

■ Wenig Kritik an Polizei zum 1. Mai

„Im Gegensatz zu früher war die Polizeibegleitung der Maidemonstrationen professionell und akzeptabel.“ Wolfgang Wieland (Bündnis 90/Die Grünen) hatte bei der gestrigen Innenausschußsitzung so wenig an der Polizeiführung zu kritisieren, daß selbst CDU-Hardliner Dieter Hapel sich über seinen moderaten Beitrag wunderte.

Wieland waren der Rückzug der Zivilbeamten bei der Walpurgisnacht, das Stoppen des aus Kreuzberg kommenden Demonstrationszuges kurz vor dem Kollwitzplatz und zwei isolierte Mannschaftswagen auf der Abschlußkundgebung aufgestoßen, um die herum sich die Krawalle gebildet hatten.

Marion Seelig (PDS) kritisierte die Festnahmen auf der IG-Metall- Demo wegen angeblicher PKK- Fähnchen. Für die Zukunft forderte sie, sich das Straßenfest auf dem Hummanplatz zum Vorbild für kommende Feiern zu nehmen. Dort sei es wegen fehlender Polizeipräsenz auch nicht zu Gewalt zwischen Jugendlichen und Beamten gekommen.

„Die harte autonome Szene ist kein Fall mehr für Sozialarbeiter, sondern für die Polizei“, konterte Dieter Hapel und verlangte eine Gleichbehandlung mit rechten Aufmärschen, die die Polzeiführung zunächst verboten hatte. Die Walpurgisnacht sollte seiner Meinung nach im nächsten Jahr an einen Ort ohne „Symbolcharakter“ verlegt werden.

Heinz Georg Lorenz (SPD) sorgte sich trotz eines „optimalen Polizeieinsatzes um die vielen extrem jungen Gewalttäter: „Deren Zukunft kann mir nicht egal sein“, erklärte er im Ausschuß, „auch wenn sie im Augenblick in einer zerstörerischen Phase sind.“

Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) lobte die Polizeitaktik. Starke Präsenz sei dort notwendig, wo keine Zusammenarbeit mit den Veranstaltern möglich sei. Ansonsten sollten durch eine Kombination von „Raumschutz und mobilen Einsatzkräften“ Gewalttaten verhindert werden, ohne zu provozieren.

Schönbohm verteidigte den Termin der Hausräumungen, da bei späteren Einsätzen die Polizei in eine rechtliche Grauzone geraten wäre. Sein Zukunftsmodell ist geprägt vom Dialog mit allen, „die den Rechtsstaat nicht in Frage stellen“. Dabei ginge es nicht um Deeskalation, die einseitig von der Polizei zu leisten sei, sondern um verstärkte Zusammenarbeit mit den Veranstaltern.

Realtiv unbemerkt blieb am 1. Mai ein Polizeieinsatz gegen den Piratensender Radio P. Abends war von der Turmspitze der Zionskirche in Mitte eine zweistündige Kassettensendung ausgestrahlt worden.

Nach Sendungsende brach die Polizei in die Kirche ein und stellte die Funkanlage sicher. Bis gestern war die Kirchengemeinde noch nicht über den Einsatz informiert. Gereon Asmuth

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