: Lärmschutz verschleppt
■ Flughafen-Chaos in der Wirtschaftsbehörde: Bürgerschaft fordert, die Planfeststellung der Erweiterung vom Bau der Lärmschutzhalle zu entkoppeln Von Heike Haarhoff
Eine Ohrfeige, wie sie das Verwaltungsgericht jüngst für Verfahrensfehler bei den Hafenerweiterungsplänen austeilte, könnte sich die Wirtschaftsbehörde demnächst auch im Streit um den Flughafenausbau einfangen: Rechtlich ungeklärt ist bislang, ob die dringend benötigte Lärmschutzhalle (taz berichtete) vom Planfeststellungsverfahren für den Flughafen-Ausbau abgekoppelt werden kann. Ratlos ist man auch darüber, womit der Eingriff in die Natur überhaupt ausgeglichen werden soll, und ob hierzu eine gesonderte Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen ist.
Bei der Öffnung der Alten Süder- elbe, die die Zerstörung Altenwerders ausgleichen sollte, hatte die Behörde die vorgeschriebene UVP verpennt. „Dasselbe Problem wird auf die Flughafen-Planung zukommen“, feixt Rechtsanwalt Rainer Utikal. Schon jetzt sei eine Verzögerung „absehbar“. Bisher werde nur untersucht, ob die Erweiterung von derzeit 23 auf künftig 65 „Flugzeug-Parkplätze“ umweltverträglich sei, nicht aber die ökologischen Folgen des Naturausgleichs. Und: Obwohl die Flughafen Hamburg GmbH (FHG) schon „in diesem Sommer“ den Antrag für Ausbau und Lärmschutzhalle einreichen will, „gibt es bislang kein Finanzierungskonzept“, gesteht FHG-Sprecher Clemens Finkbeiner.
Das Planungs-Chaos basiert auf einem Streit zwischen Umweltbehörde und FHG, mit dem sich der Senat nach eigenen Angaben noch nicht befaßt hat: Klaus Köhler, Fluglärmschutzbeauftragter der Umweltbehörde, will den Bau der Halle „auf jeden Fall“ vom Flughafenausbau entkoppeln: „Wir können nicht darauf warten, bis das Planfeststellungsverfahren für die Erweiterung abgeschlossen ist.“ Baubeginn für die Lärmschutz-Einrichtung müsse möglichst noch in diesem Jahr sein. Dann wäre die Halle Mitte 1997 fertig und in Hamburgs Norden gäb's weniger Fluglärm.
Das Plan-Verfahren für den Ausbau hingegen verschlinge „mindestens“ eineinhalb Jahre mehr. „Die Lärmschutzhalle unterliegt nicht dem Flughafen-, sondern dem Anlagenrecht und kann deshalb nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigt werden“, bekräftigt Utikal die Ansicht der Umweltbehörde. Ein gemeinsames Plan-Verfahren für „zwei Dinge, die nichts miteinander zu tun haben“, versteht Siegfried Diebolder, Flughafen-Experte der GAL-Nord, lediglich als „Drohgebärde“ der FHG: Diese könne notfalls mit dem Verzicht auf die Halle drohen, um die Erweiterung durchzusetzen. Die FHG aber beruft sich auf das Oberverwaltungsgericht, das angeblich auch für die Halle ein Planfeststellungsverfahren mit öffentlicher Beteiligung verlange: Einwendungen gegen den Lärmschutz seien nicht auszuschließen. Aber, räumte die FHG jetzt gegenüber dem Bezirk Nord ein, die Halle könne von dem – zunächst gemeinsamen – Verfahren abgetrennt und vorzeitig gebaut werden, wenn es keine Einwendungen gegen die Lärmschutzeinrichtung gibt. Ob dies überhaupt zulässig ist, ist fraglich.
Anstatt als planfeststellende Instanz ein Machtwort zu sprechen, schweigt die Wirtschaftsbehörde zu allem. Selbst die Bürgerschaft fordert nun zwei getrennte Verfahren, um den Bau der Halle zu beschleunigen. Das könne man erst nach Eingang des Planfeststellungsantrags prüfen, mahnt auch Wirtschaftsbehörden-Sprecher Rainer Erbe höchste Vorsicht an – eingedenk des Gerichtsentscheids zu Altenwerder.
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