piwik no script img

Hamburgs ÖTV-Chef als unkalkulierbares Risiko

■ Der Gewerkschafts-Erneuerer von der Elbe nervt seine Oberbosse am Neckar

In der Stuttgarter Zentrale klingeln die Alarmglocken, wenn Rolf Fritsch zuschlägt. Mit seinem Vorschlag, die Tarifpolitik der Gewerkschaften zu reformieren und dabei eventuell auch vor Extras speziell für Gewerkschaftsmitglieder nicht zurückzuschrecken, sorgte der Hamburger Bezirks-Chef der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) für reichlich Aufregung.

Besonders laut schrillten die Alarmsirenen in der Stuttgarter ÖTV-Zentrale. Seit langem gilt Fritsch dort als ein unkalkulierbares Risiko. Dessen unbekümmertes Agieren nährt dort immer wieder den Verdacht, das Nordlicht wolle zum Sturm auf die Zentrale blasen, eventuell sogar ÖTV-Chef werden. In Stuttgart, wo zumeist privates Machtkalkül und eine auf auskömmliches Einkommen bedachte Lebensplanung die Maxime darstellen, kann man sich gar nicht vorstellen, daß es Fritsch um die Sache gehen könnte. Motto: Wenn einer mit unkonventionellen Ideen kommt und dann noch Medienecho hat, kann er doch nur das eine wollen ...

Der hierarchische Zentralismus, der Deutschlands Gewerkschaftsbewegung noch immer ebenso prägt wie lähmt, reagiert dann auf seine Weise: Statt einer Diskussion über die Krise der ÖTV-Tarifpolitik antwortete die Zentrale mit einer Strategie der Schadensbegrenzung auf den Vorstoß des Hamburger Provinzfürsten: Dessen Anregungen werden nicht aufgegriffen, sondern als irrelevant abgetan.

Fritsch, im Sommer 1992 als Erneuerer an die Spitze der Hamburger Gewerkschaftsbewegung geholt, antwortet auf seine Weise: Im ÖTV-Bezirk Hamburg ist die Mitgliederzahl stabil, das Beitragsaufkommen steigt und die Vermögensrücklage wird immer größer. fm

Siehe auch Bericht Seite 4

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen