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Zahnärzte und Degussa AG haben alles gewußt

■ Die Auswirkungen giftigen Zahnamalgams müssen laut einem Gutachten für die Staatsanwaltschaft schon seit langem allen Verantwortlichen bekannt gewesen sein

Schon der Lateiner Plinius der Ältere schrieb vor 2.000 Jahren über Amalgam. Auf die Idee, dieses Metallgemisch anderen Leuten in die Zähne zu stopfen, kamen die alten Römer jedoch nicht. Erst seit gut 100 Jahren nutzen die Zahnärzte dieses leicht zu verarbeitende und dann innerhalb von Stunden erstarrende Gemisch.

Seitdem streiten die Mediziner über die Giftigkeit des Amalgams. Immerhin ist es eine Legierung von körperfremden Schwermetallen: In den neueren Mischungen – seit etwa sechs, sieben Jahren – besteht Amalgam aus 50 bis 53 Prozent Quecksilber, 20 bis 30 Prozent Silber, 10 bis 20 Prozent Kupfer und 5 bis 10 Prozent Zinn.

„In den letzten 100 Jahren war Amalgam für Zahnfüllungen bereits mehrfach verboten“, sagt Karl-Heinz Maier, Amalgamspezialist vom Arbeitskreis Umwelt der Frauenklinik in Tübingen. „Um 1930 wurden Zahnärzte sogar von ihrem Verband ausgeschlossen, wenn sie Amalgam verwendet hatten.“ Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Legierung auch auf Betreiben der Herstellerbetriebe wieder stärker benutzt.

In einem Gutachten des Toxikologischen Instituts der Uniklinik Kiel unter der Leitung von Professor Otmar Wassermann wird nun die Verantwortung der Hersteller, in diesem Fall der Degussa AG, dargelegt. In der Studie für die Staatsanwaltschaft in Frankfurt am Main schreiben die Kieler Giftforscher: „Amalgam war und ist ein toxikologisch ungeeignetes Füllungsmaterial“, so wörtlich die Expertenkommission der schwedischen Sozialbehörde 1987.

„Die Anpreisung des Firmenprodukts Amalgam als angeblich schnell zu verarbeitendes Füllungsmaterial war den Herstellern offensichtlich wichtiger als die gebotenen Warnungen vor gesundheitlichen Schädigungen der Patienten“, so die Studie.

Das Gutachten liest dem Medizin-Establishment die Leviten: „Im Wege einer institutionalisierten Gesundheitsgefährdung breiter Bevölkerungskreise haben Jahre und Jahrzehnte hindurch Amalgamhersteller, Zahnärzte, einschließlich zahnärztlicher Standesorganisationen mit Ausnahme der KZV Nordrhein, Krankenkassenverbände, Medizinischer Dienst der Krankenkassen und Bundesgesundheitsamt in Reih und Glied gestanden, wenn es darum ging, den Ruf des Amalgams als schnell zu verarbeitendes und daher billiges Füllungsmaterial zu verteidigen. Die intern durchaus bekannte und im Schrifttum eindeutig dokumentierte Giftanreicherung im Organismus als Folge von Amalgam und insbesondere die Giftigkeit der Amalgame bei unrichtiger Verarbeitung sind gegenüber der fachkundigen Öffentlichkeit und vor allem gegenüber den Betroffenen seit den 60er Jahren weitgehend totgeschwiegen, zum Teil sogar abgestritten worden.“ Trotz anderslautender Meldungen sind die Folgen der Quecksilberplomben längst auch amtlich abgesichert, zum Beispiel vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder der WHO. „Je nach Zahl der Zahnfüllungen resorbiert der Mensch im Blut täglich drei bis 17 Millionstel Gramm“, so Karl-Heinz Maier. Das hat durchaus gesundheitliche Auswirkungen, denn nach Gutachten auch des Instituts für Rechtsmedizin in München reichert sich das Quecksilber in den Nieren elfmal höher an als im Blut, in der Leber fünfmal höher.

Bsonders achtgeben müssen Schwangere. „Säuglingsorgane sind proportional belastet zu der Zahl der Amalgamfüllungen ihrer Mütter“, so der Tübinger Maier. Das Institut für Rechtsmedizin empfiehlt deshalb: „Während der Schwangerschaft sind größere zahnärztliche Maßnahmen wenn irgend möglich zu vermeiden.“

Das alles ist in Fachkreisen schon lange bekannt, auch den betreffenden Forschern bei den Zahnamalgamherstellern. Propagiert wurde die Legierung weiter. In dem Wassermann-Gutachten für die Staatsanwaltschaft wird deshalb auch eine strafrechtliche Verantwortung der Industrie bestätigt: „Durch dieses Verhalten der übereinstimmend und zum Teil gemeinschaftlich Agierenden sind bereits eingetretene Amalgamschädigungen mangels Beseitigung der Giftquelle und mangels Ausleitungstherapie vermeidbar intensiviert und verlängert und neue Amalgamschädigungen verursacht worden. Dies alles war fachkundigen Insidern wie der Degussa AG (Degussa-Fachautor Loebich) und den weiteren Amalgamherstellern u.a. aufgrund ihres pflichtmäßigen Literaturstudiums bekannt“, heißt es.

Und weiter: „Der Schutz des Patienten vor toxisch bedingten Amalgamschädigungen wurde dem Ziel, Amalgam als angeblich ,schnell‘ zu verarbeitendes, als billiges Standardmaterial für Zahnfüllungen beizubehalten, praktisch geopfert. Dies alles beobachten und förderten die Amalgamhersteller bewußt. Sie zogen wirtschaftlichen Profit aus ,dieser Prioritätensetzung‘. Die Amalgamhersteller kannten ihre rechtliche Pflicht, unabhängig von der Informationspolitik anderer Stellen und erforderlichenfalls auch gegen diese die Amalgamproduktion einzustellen. Man hat sich auf seiten der Amalgamhersteller bewußt gergen die Erfüllung dieser rechtlichen Pflicht entschieden. Ein Irrtum ist bei den Amalgamherstellern sowohl auf tatsächlicher als auch auf rechtlicher Ebene ausgeschlossen.“ Reiner Metzger

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