Die Basis der Melancholie

■ Streichelarbeit und Gleichförmigkeit: Low mit geduldigem, tiefem Rock

Low. Drei Buchstaben. Tief. Slow. Stimmt alles. Ein Trio aus Minnesota, Schlagzeug, Bass und Gitarre. Und Geduld. Low umspielen die Stille vorsichtig mit Musik. Nur selten lassen sie Töne oder Ackorde nicht ausklingen. Dann, wenn sie schichten oder dicht beieinander setzen, klingen sie fast wie... eine andere Band. Sonst nicht.

Auch wenn es auf der poppigen Seite zerbrechlicher Tonwerkler wie Gastr del Sol einige Ansätze gibt, die da heißen Red House Painters, Codeine oder auch Souled American, auch wenn es Joy Division gab oder Eno. Von letzteren zehren Alan Sparhawk, Mimi Parker und Zak Sally ganz unüberhörbar, was sich spätestens mit ihrer nach einer Joy Division-Coverversion benannten EP dokumentiert.

Aber Low sind beileibe keine Gruft-Band, sie tragen noch nicht einmal schwarz. Die Männer im hochgeschlossenenPolo-Hemd, die Frau mit Bluse und Häkelrock, erinnern sie eher an eine katholische Bibelgruppe als an die musikalische Ostküsten-Avantgarde.

Dort zwischen Tortoise und der Knitting Factory wurden die Provinzler durch Kramer, ihren Produzenten und Entdecker, eingebunden. Der seit Jahrzehnten hyperaktive Labelbesitzer und Musiker (Bongwater) nahm sich der fragilen Kunst mit viel Umsicht an, ließ den fünf Tonquellen Gleichberechtigung angedeihen. Deren Zusammenspiel ist so minimalistisch, wie das mit dieser Instrumentierung überhaupt geht, ohne an Melodien und zweistimmigem Gesang zu sparen.

Darin liegt eine der wesentlichen Stärken dieser Band: Wenn sich zum monoton-sehnsüchtigen Gesang von Alan Sparhawk der zarte Singsang seiner Lebensgefährtin Mimi Parker gesellt, transzendiert der Klang ins Überirdische und läßt die Zeit hinter sich stehen. Die Basis dieses melancholischen Glücks ist eine Schlag- oder besser: Streichelzeug-Arbeit, die in ihrer stoischen Gleichförmigkeit an Moe Tucker auf zwölf Umdrehungen erinnert. Darauf grummelt der Bass ein mauscheliges Bett, aus dem sich Gitarrentöne erheben, um mit den Stimmen um Schönheit zu wetteifern.

Kurioserweise hat dieses so gnadenlos langsame Trio in zwei Jahren schon vier Platten veröffentlicht, eine fünfte ist bereits angekündigt. Da aber bislang keiner dieser Tonträger den heimischen Markt erreicht hat, kann an diesem Abend noch ein Phänomen in Deutschlandpremiere ganz für sich allein erlebt werden. Die atmosphärische Vorarbeit für Low leistet das Streichquartett Marianne Gärntner.

Uschi Steiner

Fr, 14. Juni, 21 Uhr, MarX