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Vorsitz für Mitchell

■ Spaltung der Unionisten bei den Nordirlandgesprächen in Belfast

Dublin (taz) – Kurz nach Mitternacht durfte George Mitchell gestern dann doch noch den Vorsitz der nordirischen Friedensverhandlungen im Belfaster Schloß Stormont übernehmen. Die größte Partei, die Ulster Unionist Party (UUP), hatte nach 16 Stunden zäher Verhandlungen ihren Widerstand gegen den ehemaligen US- Senator aufgegeben. Freilich hat sie dafür eine Gegenleistung erhalten: Bei den Verfahrensregeln für die Gespräche haben die Beteiligten ein Wörtchen mitzureden, der Vorschlag der Regierungen in London und Dublin wird nicht automatisch übernommen.

In den Augen der beiden kleineren und extremeren unionistischen Parteien hat die UUP trotz des erreichten Zugeständnisses die Fronten gewechselt. Pfarrer Ian Paisley, Chef der Democratic Unionist Party, und Robert McCartney von der UK Unionist Party, einer UUP-Absplitterung, bekamen einen öffentlichen Wutanfall. „Kein Rückgrat, keine Prinzipien – sie sind eine Schande“, wetterte McCartney gegen seine ehemaligen Parteifreunde. „Sie haben das Land heute verkauft, so wie sie es noch nie zuvor getan haben.“ Beide werfen Mitchell vor, auf Seiten Sinn Féins zu stehen, weil er sich bei US-Präsident Bill Clinton im vorigen Jahr dafür eingesetzt hat, Sinn-Féin-Präsident Gerry Adams ein Visum auszustellen.

Sie wollen die Gespräche jedoch nicht boykottieren, auch wenn ihre Delegationen gestern nacht aus dem Saal gestürmt sind, als Mitchell den Vorsitz übernahm. „Was UUP-Chef David Trimble mit der irischen Regierung auch ausgeheckt hat, wir werden uns nicht daran hindern lassen, unsere Pflicht gegenüber unserem Volk zu tun“, sagte Paisley. Die nächste Plenarsitzung findet am Mittwoch statt. Ralf Sotscheck

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