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Kampf gegen Windmühlen

■ Der Papst kommt nach Berlin: Ein kritischer Rückblick

Es war 1980, ich war jung und der Papst frisch im Amt. Er hatte noch nicht so viele Böden geküßt und ich noch nicht so viele kirchliche Würdenträger kennengelernt. Die Kirche flößte noch Respekt ein. Das war der wesentliche Grund, warum der Ministrant Hermann-Josef Tenhagen damals nach Köln fuhr, um sich den neu gewählten Oberhirten aus Polen genauer anzusehen. An das Ereignis selbst erinnere ich mich nicht mehr, vor Augen habe ich nur noch das Bild des liebenswürdigen alten Herrn aus der Gemeinde, der sich mit seinem Klappstuhl auf die mühsame Reise nach Köln gemacht hatte, um einmal in seinem Leben den Papst zu sehen.

Inzwischen ist viel passiert. Mein Dorfpfarrer, als Wehrmachtspriester in russische Gefangenschaft geraten, schrieb mir das Gutachten für die Kriegsdienstverweigerung, Ministrant Tenhagen demonstrierte gegen Pershings, lernte Gemeindeleben als Lebensgemeinschaft in einer Basisgemeinde kennen, das politische Engagement vieler Christen schätzen.

In der Kirche von unten stritten wir gegen die Hierarchie für mehr Rechte der Frauen, mehr Platz für Schwule und Lesben in der Kirche und ein Christsein, das sich an die Seite der Armen und Bedrängten stellt. Der Mann aus Rom hat dabei keine Rolle gespielt, oder wenn, eine bremsende. Auf neue Fragen reagierte er mit alten Gewißheiten. Die freundschaftlichen Bande mit den Engagierten blieben, doch ich selbst habe den Kampf gegen die Windmühlen der Hierarchie drangegeben. Die mittelalterliche Amtskirche hat sich überlebt, nur der organisierte Katholizismus leistet sich noch ein Zentralkomitee. Wo das Gebäude derart vom Einsturz bedroht ist, gilt es, sich fernzuhalten. Der Kampf für die Armen und Entrechteten geht weiter – doch der findet nicht beim Papstbesuch statt. Hermann-Josef Tenhagen

(Siehe auch Kasten Seite 26.)

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