Der Handelskrieg findet nicht statt

■ USA und China erzielen im letzten Moment Einigung über Produktpiraterie

Washington/Peking/Berlin (wps/rtr/taz) – Schon gestern sollte der Handelskrieg zwischen den USA und China ausbrechen. Der Vorwurf der US-Regierung: China verletze trotz eines im vergangenen Jahr geschlossenen Abkommens weiterhin die Urheberrechte bei CDs, Software und Videos. Doch dann gab es im letzten Moment doch noch eine Einigung.

Geschickterweise hatten die USA nämlich nie gesagt, ob sie von amerikanischer oder chinesischer Zeit ausgehen – was immerhin einen Spielraum von fast einem Tag läßt. So wurden gestern erst mal keine Sanktionen verhängt. Die US-Handelsbeauftragte Charlene Barshefsky, die seit Freitag in Peking mit dem stellvertretenden chinesischen Handelsminister Shi Guangshen verhandelt hatte, nahm vielmehr neue Gespräche auf höchster Ebene mit dem Vizeministerpräsidenten Li Lanqing auf. Zur Begründung für den Aufschub sagten US-Diplomaten, es seien bereits deutliche Fortschritte bei den Verhandlungen erzielt worden und bestünden noch Chancen für einen positiven Ausgang.

Dies bewahrheitete sich. Die chinesische Seite habe zugesagt, gegen weitere mutmaßliche Produktpiraten vorzugehen. Außerdem hätten die Chinesen eingewilligt, ihre Märkte stärker für US- Anbieter zu öffnen. Barshefsky sollte noch gestern mit Präsident Jiang Zemin zusammenkommen, um das Paket abzuzeichnen.

Durch die nach US-Erkenntnissen in 13 chinesischen Fabriken hergestellten Raubkopien entgehen der Regierung zufolge amerikanischen Unternehmen Einnahmen von 2,3 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Die USA drohten deshalb China mit 100prozentigen Strafzöllen auf Exporte im Wert von 2 Milliarden US-Dollar, vor allem Textilien. Dies entspreche dem Schaden, der der US-Wirtschaft durch die Copyright-Verletzungen entstehe. China kündigte in diesem Fall einschneidende Gegenmaßnahmen an, die sogar die Aufkündigung bereits geschlossener Verträge mit US-Unternehmen beinhalten sollten.

Parallel dazu versuchte die chinesische Regierung jedoch auch guten Willen zu beweisen. So wurde werbewirksam im Fernsehen gezeigt, wie Polizisten Stapel von Raubkopien verbrennen. Eine Reportage zeigte eine Dampfwalze, die über CDs rollte. Die Regierung verkündete zudem die Schließung von sechs Fabriken. lieb