: HEW werden weiblicher
■ ... und feiern sich selbst, ihre Bilanzen und all ihre schönen Atomkraftwerke
Von parteipolitischer Neutralität hält der Vorstandschef der Hamburgischen Electricitätswerke (HEW), Manfred Timm, nicht viel. Aus seinem „Unbehagen über die Regierungsbeteiligung der Grünen“ in Schleswig-Holstein, die zu einer „Wiederbelebung des ausstiegsorientierten Gesetzvollzuges“ führen könnte, machte er gestern auf der HEW-Aktionärsversammlung keinen Hehl.
Der Strommanager schalt auch die Medien, die „auch die kleinste Leckage“ in einem AKW zur „Beinahe-Katastrophe aufbauschen“ würden und gab den Castor-GegnerInnen einen mit: Es könne „nicht angehen, daß diejenigen, die sich für ein Ende der Kernenergie einsetzen, gewalttätig die notwendige Entsorgung blockieren“.
Ansonsten wußte der Freund klarer Feindbilder nur Positives zu berichten: Rekordgewinne, Rekordstromverkäufe, Rekorddividenden und ein rekordverdächtiger Atomstromanteil an der Hamburger Energieversorgung von 73 (1995) bis 80 Prozent (erstes Quartal 1996) – wohlklingende Werbeworte für den Verkauf von HEW-Aktien aus dem Besitz der Freien und Pleitestadt Hamburg.
Die kritischen AktionärInnen von AIDA zogen auf der Hauptversammlung eine ganz andere Bilanz: Sie beklagten, daß die HEW im vergangenen Jahr trotz üppigem Geldpolster 400 Arbeitsplätze vernichtet und „nur kleine Image-Maßnahmen“ in Richtung erneuerbarer Energien finanziert hätten. „Eine Strategie zum in der Satzung festgeschriebenen Atomausstieg“, so eine kritische Aktionärin, sei immer noch „nicht erkennbar“.
Marion Lewandowski von der Initiative „Eltern für unbelastete Nahrung“ nahm den Anlaß wahr, erneut „die sofortige Abschaltung des Leukämiereaktors Krümmel“ zu fordern. Dem HEW-Aufsichtsratsvorsitzenden Fritz Vahrenholt – besser bekannt als Hamburger Umweltsenator – warf sie vor, die Ursachenforschung für die Blutkrebshäufung in der Elbmarsch „in keinster Weise unterstützt“ zu haben.
Zum Schluß gab es dann noch eine gute Nachricht: Die HEW werden weiblicher. Die bislang aus 24 Männern bestehende Vorstands- und Aufsichtsratsriege wird durch die Wirtschaftsprüferin Elke Weber-Braun ergänzt. Sie ersetzt den aus dem Vorstand scheidenden SPD-Parteichef Jörg Kuhbier. Auf der nächsten HEW-Aktionärsversammlung wird es auf dem Podium so ein Gruppenbild mit Dame geben. Marco Carini
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