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Comeback des Gimmicks

■ Wie "Yps": "Fit for Fun" legt ein Aerobic-Video mit Claudia Schiffer bei, andernorts wirbt man mit Damenslips und Golfbällen um neue Leser

Gimmick Nr. 1060 ist einfach nur ekelhaft: Ein neongrüner, wabbeliger Klumpen, der auf den Handflächen Fäden zieht. „Die grüne Gruselratte – ein herrlicher Ulk, um deine Freunde reinzulegen“, preist Yps dieses geschmacklose Tier, „geschaffen für herrliche Grusel-Streiche.“

Yps muß es wissen, denn niemand in Deutschland blickt auf eine längere Gimmick-Tradition zurück. Seit Oktober 1975 liefert Yps Woche für Woche irgendein eingeschweißtes Spielzeug mit. Eine Freigiebigkeit, wohl aus der Not geboren. Denn richtig klasse war Yps nie: Doofe Comics mit kindischen Figuren, die komische Namen trugen. „Yinni und Yan“ oder „Kaspar, Patsch und Willy“.

Erträglich wurde das Gruner + Jahr-Heft nur durch die Zugaben: Das Yps-Zelt, das Leucht- Jojo oder die Agentenstifte mit Zaubertinte. In bleibender Errinnerung blieben aber vor allem die Urzeitkrebse: Ein kleines Tütchen mit Pulver, das in Wasser gerührt Unmengen von Kleinstorganismen ergab. Die Urzeitkrebse aus den Salzseen in Utah sind noch immer ein Renner und werden jedes Jahr neu aufgelegt. „Bei guter Pflege schwimmen die endlos weiter“, sagt Chefredakteur Norbert Hinze (ebenfalls Chefredakteur von Eltern), der ansonsten über die zunehmende Konkurrenz von Fernsehen und Gameboys klagt: „Die Kinder haben doch keine Ruhe mehr für Bastelbögen und mehrteilige Gimmicks.“

Als es noch mehr Kinder gab, verkaufte Yps bis zu 300.000 Exemplare pro Woche. Inzwischen sind es nur noch die Hälfte. Hinze schätzt, daß ungefähr 50 Prozent der LeserInnen das Heft wegen der Spielsachen aus Hongkong und Macao kaufen:„Das Gimmick ist der Motor.“

Damals war Yps das einzige Heft, daß seinen Lesern kleine Dreingaben mitschickte, deren Wert nicht selten den Kaufpreis zu übersteigen schien. Heute liegen im Kioskregal reihenweise Gimmicks, die neue LeserInnen anlocken sollen. Seit Jahren legen zum Beispiel Computerzeitschriften CD-ROMs mit mehr oder weniger nützlichen Programmen bei. Und Der Hund, „die Zeitschrift für den Hundefreund“, überrascht mit einem Schmacko von Pedigree Pal. Nicht nur toll für den Hund, sondern auch für die Anzeigenabteilung, die das Gimmick als neuen Werbegag entdeckt hat.

Nun schicken sich auch die großen Publikumszeitschriften an, ihre Kunden ab und an mit kleinen Geschenken zu verwöhnen. So wird der Septemberausgabe von Fit for Fun (Verlag Milchstraße) ein Fitneß-Video beigepackt: Neben Aerobic-Spaß mit Claudia Schiffer gibt der 45minütige Streifen schon mal einen Vorgeschmack auf „Fit for Fun-TV“, das im Herbst auf Pro 7 starten soll.

„Das hat uns eine Stange Geld gekostet“, bekennt Chefredakteur Ulrich Pramann, doch er glaubt, daß das zusätzliche Angebot neue LeserInnen locken könnte: „Damit geben wir unsere Visitenkarte ab.“ Claudia Schiffers redaktioneller Einsatz soll sich aber auf das Vorturnen beschränken. „Ich glaube, wir haben da bessere Schreiber.“ Schon bei Cinema hatte der Verlag Milchstraße öfter ein Faible für Gimmicks gezeigt. Ab und zu gab's zum Kinoblatt ein Video mit Ausschnitten aus neuen Film-Highlights.

Verglichen mit anderen Ländern hat das Comeback des Gimmicks in Deutschland gerade erst begonnen. Besonders innovativ zeigen sich spanische Verlage: Mit Damenslips, Parfum-Flakons und T-Shirts gehen iberische Frauenzeitschriften auf KundInnenfang. Immer öfter auch in der Manier von Bauernfängern: „Kaufen Sie eine Zeitung, und nehmen Sie en passant ein Mobiltelefon mit nach Hause“, versprach erst neulich die Zeitung La Vanguardia. Ein übler Marketingtrick, hinter dem sich lediglich ein Gutschein über 990 Peseten verbarg, den die Leser gegen ein Handy eintauschen konnten – freilich nur bei Abschluß eines teuren Einjahresvertrages.

In Spanien, wo die Leselust nicht sehr ausgeprägt ist (von 1.000 EinwohnerInnen kaufen durchschnittlich nur 116 eine Tageszeitung), haben sich auch seriöse Blätter vom Gimmick-Fieber anstecken lassen. El Pais liefert derzeit Reiseführer für sechs Weltstädte zum Sammeln. Die Sonntagsbeilage der konservativen ABC legte neulich sogar Tütensuppen bei.

Überhaupt scheint es kaum etwas zu geben, was sich nicht in Zellophan packen ließe: In England liefern drei Golf-Magazine in ihren neuesten Ausgaben die kleinen Bälle gleich mit. Was bei der edlen Leserschaft gut ankommt, führt bei vielen englischen Kioskbesitzern zu nackter Verzweiflung: die Hefte mit Golfball lassen sich nur schwer in den Regalen stapeln. Oliver Gehrs

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