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Jobben muß sich lohnen

■ Mehr Rente für berufstätige Mütter, urteilt das Verfassungsgericht

Karlsruhe (taz) – Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) meint es gut mit sozial schwachen berufstätigen Müttern und Vätern. Bislang konnten sie ihre Kindererziehungszeiten nicht voll auf die Rente anrechnen lassen, obwohl sie es am nötigsten hätten. Gestern erklärte der Erste Senat des BVerfG deshalb eine entsprechende Bestimmunge im Sozialversicherungsrecht für verfassungswidrig.

Seit 1992 können Mütter (auf Antrag auch Väter) drei „Babyjahre“ pro Kind bei der Rentenversicherung einbringen. Wenn eine Frau während dieser Kindererziehungszeit nicht gearbeitet hat, wird die Babyphase trotzdem bei der Rentenberechnung berücksichtigt. Es wird fiktiv angenommen, daß die Mutter in diesen drei Jahren 75 Prozent des bundesdeutschen Durchschnittsverdienstes erhalten hat. Die entsprechenden Einnahmeausfälle der Rentenversicherung deckt der Staat.

Das ist gut für jene Ehefrauen gutverdienender Männer, die in der Babyphase zu Hause bleiben. Aber es ist ungerecht für jene Mütter, die während der Erziehungsphase arbeiten und Beiträge in die Rentenkasse einzahlen. Denn bei einer Mutter, die beispielsweise in einem Teilzeitjob nur 60 Prozent des Durchschnittsgehalts verdient, stockt die Rentenkasse den Anspruch nur insoweit auf, als hätte sie tatsächlich 75 Prozent vom Durchschnitt nach Hause gebracht. Die Kasse steigert den Anspruch bei der Berufstätigen nur um 15 Prozent, während die Vollzeithausfrau mit dem fünffachen subventioniert wird.

Benachteiligt werden also berufstätige Mütter, die es sich schlichtweg nicht leisten konnten, zu Hause zu bleiben. Wer gar einen richtig guten Verdienst hatte, muß auf jeden Erziehungszuschuß verzichten.

Nach einer Studie des Verbands Deutscher Rentenversicherer (VDR) bekommen immerhin die Hälte aller Berechtigten die Kindererziehung in vollem Umfang angerechnet, weil sie in dieser Zeit nichts verdienten. 40 Prozent der Eltern dagegen erhalten wegen der eigenen Berufstätigkeit nur eine teilweise Aufstockung der Rente. 7,7 Prozent gehen sogar ganz leer aus.

Die Bundesregierung rechtfertigte die ungerechte Subventionierung damit, daß man lediglich „Lücken schließen“ wolle. Das Geld solle nur dorthin gehen, wo es am nötigsten sei. Tatsächlich hatte die Regelung eher den umgekehrten Effekt: Mittelschichtseltern mit der klassischen Hausfrauenehe stockten so ihre Renten auf. Niedrigverdienende Paare und berufstätige Alleinerziehende dagegen ersparten den Rentenkassen bares Geld.

Damit soll ab 1998 Schluß sein, entschied gestern das Bundesverfassungsgericht. Für die Ungleichbehandlung gebe es nämlich keinen sachlichen Grund, sie verstoße daher gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Artikel 3). Das Lückenschließungsmodell der Bundesregierung wurde vom Senat nicht als Rechtfertigung anerkannt, weil es die Bedeutung der Kindererziehung für die Rentenversicherung unterschätze. Schon in früheren Urteilen hatte das BVerfG beschlossen, daß das Rentensystem auf zwei Säulen stehe: zum einen auf den Beitragsleistungen selbst, zum anderen aber auch auf der Erziehung der nächsten Generation von Beitragszahlern. Dies müsse bei der Neuregelung berücksichtigt werden. Christian Rath

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