: Wenn der Wohnberechtigungsschein auf dem Förderungsweg strauchelt
■ Wie mensch in Hamburg zu einer öffentlich finanzierten Wohnung kommt: Ein Leitfaden durchs Dickicht der Regeln und Ausnahmen
Öffentlich geförderte Wohnungen werden – in unterschiedlicher Höhe – mit Mitteln der Hamburger Wohnungsbauprogramme finanziert. Die Hamburgische Wohnungsbaukreditanstalt setzt die späteren Mieten fest. Grundsätzlich besteht eine Belegungs- und Mietpreisbindung. Die Wohnungen sind Bevölkerungsgruppen mit niedrigem Einkommen vorbehalten.
Hamburg fördert jährlich 2.200 Wohnungen im (günstigsten) ersten und 1.700 Wohnungen im (teureren) dritten Förderungsweg (s.u.). Doch das Angebot deckt lange nicht die Nachfrage nach billigem Wohnraum. Einige Bezirksämter halten Listen mit Sozialwohnungs-Angebot bereit. Ansonsten wird auch Sozialwohnraum in Zeitungen, bei Wohnungsbaugenossenschaften, Mitwohnzentralen u.ä. inseriert. Vermittlungs-Provisionen sind unzulässig.
Voraussetzung für den Bezug einer Sozialwohnung ist eine Wohnberechtigungsbescheinigung(“§ 5-Schein“, „3. Förderungsweg-Schein“). Anträge dazu sind beim Bezirksamt, in dem Sie gemeldet sind, zu stellen. Für die Ausstellung erheben die Bezirke eine Gebühr von 15 Mark. Die Wohnberechtigungsbescheinigung ist jeweils ein Jahr gültig und bei Mietvertragsabschluß dem Vermieter auszuhändigen, der sie an das Amt weiterleitet.
Zum Bezug einer Sozialwohnung berechtigt sind (bei entsprechend niedrigem Einkommen, s.u.) nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz Einzelpersonen sowie Familien (1. und 2. Verwandtschaftsgrad, also auch Geschwister). Nicht verheiratete Paare haben grundsätzlich dann Anspruch auf einen Partner-Schein, wenn sie ein Kind haben oder erwarten. Dabei muß es sich nicht um gemeinsamen Nachwuchs handeln. In Hamburg ist es nach einer Weisung der Baubehörde zudem möglich, eheähnliche Lebensgemeinschaften wie Ehepaare zu behandeln, falls der Vermieter zustimmt. Doch wehren sich die Bezirksämter vehement dagegen, insbesondere, wenn es sich um homosexuelle Paare handelt (taz berichtete gestern).
Die gesetzlich bestimmte Einkommens-Höchstgrenze errechnet sich nach dem Brutto-Jahreseinkommen aller Personen, die die Wohnung beziehen wollen. Derzeit liegt sie laut § 25 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes bei 23.000 Mark (1 Person), 33.400 DM (2 Personen), 41.400 DM (3 Personen), 49.400 DM (4 Personen), 57.400 DM (5 Personen). Diese Einkommensgrenzen dürfen in Hamburg bei den günstigsten Sozialwohnungen (1. Förderungsweg) um zehn Prozent überschritten werden. Daneben werden Werbekosten und weitere Freibeträge (Kinder-, Unterhaltsgeld) abgezogen, so daß die Einkommensgrenze tatsächlich höher liegen kann.
Wer diese Einkommensgrenzen überschreitet, hat eventuell Anspruch auf einen Wohnungsschein, der zum Einzug in eine Wohnung der höheren Förderungswege mit höheren Mieten berechtigt. Denn nach der Höhe der öffentlichen Finanzförderung, der Förderungswege, richtet sich die spätere Miethöhe und damit der Kreis der Einzugsberechtigten.
Bislang gab es vier Förderstufen (1., 3., 4., 5. Weg), die aber jüngst von der Baubehörde zusammengefaßt wurden: Der 1. Förderungsweg (niedrigste Miete) bleibt auch künftig bestehen; die Einstiegsmiete liegt dort unverändert bei 9,80 DM/qm nettokalt. Die dritten, vierten und fünften Förderungswege wurden zu einem neuen dritten Weg zusammengefaßt mit drei unterschiedlichen Einstiegsmieten, die sich nach dem Einkommen der Mieter richten: 11,80 DM (bei Überschreitung der Einkommensgrenze für Sozialwohnungen um 11 bis 35 Prozent), 12,80 DM (Einkommens-Überschreitung 36 bis 60 Prozent), 13,80 DM (Einkommens-Überschreitung 61 bis 85 Prozent).
Wer berechtigt ist, eine Wohnung im 1. Förderungsweg zu beziehen, hat automatisch die Möglichkeit, jede andere öffentlich geförderte Wohnung zu beziehen. Sprich: Ein § 5-Schein-Inhaber kann trotz seines niedrigen Einkommens auch eine Wohnung im 3. Förderungsweg beziehen, wenn der Vermieter einverstanden ist. Umgekehrt gilt dies nicht. Nach geltendem Recht – aber bedauerlicherweise entgegen der Praxis – hat das Bezirksamt bei dieser Vergabe keine Mitsprache.
Der Anspruch auf Wohnungsgröße richtet sich in Sozialwohnungen nach der Anzahl der Personen im Haushalt:
Alleinstehende: bis zu eineinhalb Zimmer oder eine an Zimmerzahl größere Wohnung mit bis zu 50 qm;
zwei Personen: 2-Zimmer-Wohnung oder bis zu 60 qm;
drei Personen: 3-Zimmer-Wohnung oder bis zu 75 qm;
vier Personen: 4-Zimmer-Wohnung oder bis zu 85 qm;
für jede weitere Person zehn qm zusätzlich.
Ausnahmen von diesen strengen Regelungen kann das Bezirksamt nach Prüfung erteilen. In jedem Fall muß der Vermieter ihm mitteilen, wer die geförderte Wohnung beziehen wird.
Dringlichkeitsfälle: Als solche werden Wohnungssuchende vom Bezirksamt eingestuft, die aufgrund ihrer wohnlichen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Lebensverhältnisse dringend auf eine Wohnung angewiesen sind. Wichtig ist, daß die Notlage nicht selbst herbeigeführt wurde. BewerberInnen mit Dringlichkeitsschein werden vom Bezirk oft „zugewiesen“ und sind vom Vermieter bevorzugt zu behandeln.
Umfassendere Informationen liefert der Leitfaden für Mieterinnen und Mieter in Hamburg der Baubehörde, der in allen Bezirksämtern kostenlos verteilt wird. Fragen und Beschwerden können daneben beim MieterInnen-Telefon der Baubehörde (34913-2545) gestellt werden. Heike Haarhoff
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