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Wieder nur ein Provisorium

■ KZ-Gedenkstätte Neuengamme: Ein neues Gebäude, eine erweiterte Ausstellung und immer noch das Gefängnis nebenan Von Sannah Koch

Ein Tag, auf den sich die Hamburger Behörden 50 Jahre lang hätten vorbereiten können. Taten sie aber nicht. Deswegen werden die Umbauten in dem ehemaligen Konzentrationslager Neuengamme, auf dessen Gelände die Hansestadt am 4. Mai die Gedenkveranstaltung zum 50. Jahrestag der Befreiung (siehe Kasten unten) begehen wird, noch bis zur letzten Minute andauern. Nur knappe drei Monate hatten die Mitarbeiter der Gedenkstätte Zeit, eine Halle der ehemaligen Walther-Werke zu einem neuen Ausstellungsraum umzugestalten.

Wieder nur ein Provisorium ist es, das derzeit für rund eine halbe Millionen Mark in den rotgeklinkerten Fabrikhallen auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Vierlande entsteht – obwohl es den irreführenden Namen „Dauerausstellung zur Geschichte des KZ Neuengamme“ trägt. Hätte sich der Senat an seine Beschlüsse gehalten, wäre für den beschämenden Umstand, daß in den ehemaligen Häftlingsbaracken heute immer noch Häftlinge (nun Strafgefangene) leben, bereits ein Ende in Sicht. 1989 hatte die Hamburger Stadtregierung nämlich die Verlagerung der Vollzugsanstalt beschlossen. Für die ist aber bis heute noch kein neuer Standort gefunden worden.

So konnte dem Wunsch der französischen „Amicale Internationale de Neuengamme“ (Zusammenschluß von ehemaligen KZ-Insassen), am 50. Jahrestag der Befreiung möge die Würde der Gedenkstätte nicht mehr durch die Nutzung zu Vollzugszwecken überschattet sein, nicht entsprochen werden. Als Entschädigung bot der Senat der Amicale im vergangenen September dafür eine Halle der Walther-Werke für Ausstellungszwecke an.

Noch wenige Tage vor der Eröffnung herrscht dort der Lärm der Motorsäge. Wo von 1942 bis '45 KZ-Insassen als Arbeitssklaven Gewehre für den Waffenfabrikanten Walther montieren mußten und anschließend Strafgefangene Malerarbeiten für Fremdfirmen ausführten, werden ab kommenden Donnerstag Originaldokumente und -gegenstände, Videofilme und Tonbandaufnahmen an das Leben und Leiden der über 100.000 Menschen in einem der größten Konzentrationslager auf deutschem Boden erinnern.

In filigranen Installationen aus Baustahl sind Lagerbetten und Häftlingskleider aufgehängt worden, Großfotos und ein Modell des Konzentrationslagers sowie der Baracken sollen den Besuchern einen Einblick in den Alltag des Lagers ermöglichen, in dem 50.000 Menschen - etwa die Hälfte der insgesasamt 106.000 Toten - durch Arbeit getötet wurden. Die Ausstellung, die zuvor im Dokumentenhaus (jetzt „Haus des stillen Gedenkens“; s. Text unten) untergebracht war, ist um audiovisuelle Schaustücke ergänzt worden. Im Hörraum, einer Stahlkuppe inmitten der Halle, können Besucher Tonbändern mit Berichten von Überlebenden lauschen, Videos von Zeitzeugen zu den Themen „Wege ins Lager“ und „Selbstbehauptung und Widerstand“ sind abrufbar. Ausgestellt werden auch Briefe von Überlebenden, die von den Schwierigkeiten der Menschen zeugen, die Grauen des Lagerlebens zu verarbeiten. An zwei Computern können überdies Informationen zu den 80 Außenlagern abgefragt werden.

Die neuen Räumlichkeiten sind ein echter Gewinn – doch durch die weitere Nutzung der alten KZ-Gebäude als Vollzugsanstalt wird die Gedenkstätte nun in zwei weit auseinanderliegende Teile zerissen. Bleibt zu hoffen, daß die Besucher den weitläufigen, eingezäunten Weg um das Gefängnis herum in die Ausstellung finden werden. Die unmittelbare Nachbarschaft zwischen Gedenkstätte und Haftanstalt hat auch Folgen für deren Insassen: Wegen des Festaktes am 4. Mai kann aus „organisatorischen Gründen in den Werkbetrieben (...) nicht gearbeitet werden. Sämtliche Freizeit-, Bildungs-, Beratungs- und Unterrichtsmaßnahmen fallen aus“, teilte Anstaltsleiter Brüning den Häftlingen schriftlich mit. Als Ausgleich für die „nicht vermeidbaren Beeinträchtigungen“ erhalten alle Inhaftierten an diesem Tag ohne Antrag zehn Stunden Ausgang.

Öffnungszeiten der Ausstellung: 10 bis 17 Uhr, im Sommer bis 18 Uhr, montags geschlossen.

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