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Nachgefragt"Das ist mir zu teuer"

■ Kein Bedarf an Anti-Graffiti-Aktion

Bürgermeister Ulrich Nölle hat die Graffiti-Sprayer im Visier. Spraydosen sollen künftig in Kaufhäusern hinter Glas stehen und jugendliche Dosendiebe abschrecken, so Nölles Anti-Graffiti-Plan. Was die Kaufleute von der Dosen-Blockade halten, wollten wir von Detlef Stöver wissen. Er ist Marktleiter beim Baumarkt OBI in der Neustadt.

taz: Sind Spraydosen bei Jugendlichen tatsächlich so beliebtes Diebesgut?

Detlef Stöver: Wir haben einmal Jugendliche erwischt, die einen ganzen Wagen voller Spraydosen über den Zaun hieven wollten. Wir haben sie vor die Wahl gestellt: entweder bezahlen oder zurückstellen – sie haben sie zurückgestellt.

Sie rufen also nicht gleich die Polizei?

Das ist doch bloß ein Riesenaufwand. Da werden Gerichte blockiert, die Wichtigeres zu tun haben. Und solange das Zeug nicht über den Zaun gewandert ist, ist das ja auch noch kein vollendeter Diebstahl. Da muß man einfach den Zeigefinger heben und sagen: Nun macht Euch mal vom Acker.

Bürgermeister Nölle hat die Idee ausgeheckt, Spraydosen hinter Glas anzubieten.

Mal ganz ehrlich: Das ist mir zu kostspielig. Da muß dann immer ein Verkäufer direkt mit dem Schlüssel zum Regel gehen. Farben und Lacke sind bei uns Selbstbedienung. Ich sehe das Problem auch gar nicht so, es gibt viel wichtigere Dinge, um die sich die Regierung kümmern sollte.

Fühlen Sie sich durch Grafitti an Hauswänden gestört, Nölle bezeichnet sie als „Schmierereien“?

Wenn sie einigermaßen phantasievoll gemacht sind und nicht in Obszönitäten ausarten, finde ich sie interessant. Die sollten ruhig mehr graue Wände besprühen. Wir haben auf unserem Baumarktgelände auch schon einige gelungene Exemplare.

Die jungen Graffiti-Sprayer können etwas produzieren, das nicht gewalttätig ist. Sie fiebern aber auch nach dem „thrill“, entdeckt zu werden.

Mir ist der Jugendliche lieber, der seine agressiven Phantasien auf einer Wand ausdrückt, anstatt sie an einer alten Frau auszulassen. kat

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