: Volx-Golfen gegen die Ödnis
■ Auf dem Rasen am ehemaligen Stadion der Weltjugend wurde gestern abend auf dem neuen Drei-Loch-Parcours das „Ghetto Golf Groove“-Turnier ausgespielt
So ändern sich die Zeiten. Als auf der Nobelanlage des südlich von Berlin gelegenen Golfclubs Motzen zum ersten Mal die German Open ausgepielt werden sollten, hat die Kreuzberger Eat-the- rich-Fraktion kurzerhand zugeschlagen. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion hat sie dem Schweinesystem eine Harke gezeigt und den Golfplatz einfach umgegraben.
Ganz anders die Autonomen vom Stadion der Weltjugend. Entsetzt über den voreiligen Abriß des Stadions der Weltjugend, erfreut über das Desaster der Berliner Olympia-Bewerbung und nachgerade entzückt über die riesige Brache in bester innerstädtischer Lage, haben auch sie die Harke in die Hand genommen. In mühseliger Kleinarbeit mähten sie ein Drittel des vom Senat gesäten Rasens auf dem Stadiongelände nieder und konnten bereits im April den 1. Nachtgolfpokal ausspielen. Die Stunde des Volx-Golfens hat geschlagen.
Und sie schlägt noch immer. Gestern nun haben die Volx-Golfer zum zweiten Schlag auf ihrem Drei-Loch-Platz ausgeholt. Das erste Berliner Ghetto-Nachtgolfturnier, der „Ghetto Golf Groove“, stand auf dem Programm. Mit diesem zugleich zweiten Berliner Nachtgolfturnier will der Volx- Golf-Club Berlin-Mitte e.V., ein Zusammenschluß von bereits 60 sportbegeisterten jungen Menschen, die Konkurrenz um Längen schlagen. Die Konkurrenz, das sind all die langweiligen Typen, die auf Namen wie Investor, Stadtrat oder Dudler hören und die wunderbare Brache mit noch viel langweiligeren Dingen zubetonieren wollen, die auf Namen hören wie Wohnung, Park und Fußballplatz.
Doch um Politik ging es gestern nicht. Vielmehr sollte das „Erreichte“ gefeiert werden. Und in der Tat: Erreicht haben die Volx- Golfer sogar schon die „Jugendlichen aus der Umgebung“. So zumindest heißt es in einer Erklärung, in der Volx-Golfen als Alternative zum olympischen Leistungs- und Dopingterror gefeiert wird: „Nun sausen, je nach Wetterlage, fast täglich die kleinen weißen Bälle über den Platz.“
Mit dem „Ghetto Golf Groove“ haben die Autonomen einmal mehr gezeigt, daß sie weitaus innovativer nicht nur als Investoren, Stadträte oder Architekten sind, sondern auch als – zum Beispiel – die Jusos: Die haben es auf dem Gelände des Stadions der Weltjugend, trotz einer Ankündigung an die Presse, bisher lediglich zu einem Platzbesetzungsversuch gebracht. Und dabei ging es ihnen noch nicht einmal um Spaß oder darum, den Verhältnissen einen Spiegel vorzuhalten, sondern lediglich um das langweilige Thema Sparen. Uwe Rada
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