: „In dem Moment wird alles zum Symbol“
■ betr.: „Komasaufen und Ran dale“, taz vom 16. 7. 96
Als „Neonazi-Opfer“ – wir wurden am 29.6. in unserem Wochenendhaus von uns bis dahin unbekannten Neonazis überfallen – kann ich über den Tip, ein „Handy mit auf die Campingplätze zu nehmen“, nur lachen. Was nützen diese Geräte, wenn sie in entlegenen Gebieten, das sind Urlaubsgebiete in Mecklenburg-Vorpommern meistens, nicht funktionieren? Die „Experten“ von der Telekom nennen dies „Empfangslöcher“. Pech, wenn gerade ein Neonazi vor der Tür steht, so wie es bei uns geschehen ist, und man im besagten Loch sitzt. [...]
Nachdem wir flüchteten und von einem nahe gelegenen Dorf aus telefonieren konnten, brauchte die Polizei immerhin eine ganze Stunde, um zum Einsatzort zu kommen. Einheimische berichteten, das wäre ein „Handlungsprinzip“. Die Ordnungshüter hätten auch keine Lust, sich von einer Horde Jugendlicher mit Baseballschlägern verhauen zu lassen. Somit bleibt auch überzeugten Pazifisten nichts anderes übrig, als sich zu „bewaffnen“. Mir fällt das noch nicht einmal schwer, denn vor mir stand so ein brüllendes Individuum, mit stierem Blick und unvorstellbarer Aggressivität auf die Scheibe prügelnd, hinter der ich stand. In solchen Momenten ist es diesen Typen egal, ob „nur“ eine Scheibe, eine Kuh oder ein Mensch kaputt geprügelt wird, in dem Moment wird alles zum Symbol. Susanne Fleiner
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