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Boykott in Mostar

■ Erster Regierungskontakt zwischen Belgrad und Sarajevo seit Kriegsbeginn

Belgrad/Mostar (AP/AFP/taz) – Die bosnischen Kroaten haben gestern die konstituierende Sitzung des Stadtrats von Mostar boykottiert. Daraufhin hielten die 21 Vertreter der muslimischen Partei SDA die Sitzung allein ab. Die bosnischen Kroaten protestierten damit gegen Unregelmäßigkeiten bei der Kommunalwahl vom 30.Juni. Die kroatische HDZ hatte bei den Wahlen 16 Sitze errungen, die SDA 21. Der Stadtrat sollte einen gemeinsamen Bürgermeister bestimmen. Die muslimischen Vertreter beschlossen, die Entscheidung über den Bürgermeister zu vertagen. Sie wählten aber Hamdija Jahić zum Ratspräsidenten. Jahić ist der örtliche Vorsitzende der SDA. Bosniens Präsident Izetbegović hatte am Montag den Boykott verurteilt. Er sei gefährlich für die Wahlen in Bosnien am 14. September, so Izetbegović in einem Brief an den EU-Ratspräsidenten. Vorgestern nacht endete in Mostar die Amtszeit des bisherigen spanischen EU-Verwalters Ricardo Perez Casado. Nachfolger als EU- Sondergesandter ist der Brite Martin Garrod.

Zum ersten Mal seit Beginn des Krieges in Bosnien ist gestern eine Regierungsdelegation aus Sarajevo zu einem offiziellen Besuch nach Serbien gekommen. Ejup Ganić, der Vizepräsident der bosnisch-kroatischen Föderation, traf mit 40 Regierungs- und Wirtschaftsvertretern zu einem zweitägigen Besuch in Belgrad ein. Ganić sprach dabei auch mit dem serbischen Präsidenten Slobodan Milošević. Im Mittelpunkt standen Gespräche über Transport- und Kommunikationswege. Serbische Nationalisten sind empört über den Besuch, weil Ganić 1994 von einem serbischen Militärgericht angeklagt wurde, 1992 die Ermordung von Soldaten der jugoslawischen Armee in Sarajevo angeordnet zu haben.

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