: Großbanken werden größer
Deutsche Bank und Commerzbank vermelden kräftiges Wachstum. Direktbanken sind der Wermutstropfen in den Bilanzen ■ Aus Frankfurt Klaus-Peter Klingelschmitt
Standortprobleme kennen die deutschen Großbanken offenbar nicht. Die Gewinne und die Bilanzsummen bei den beiden führenden Geldhäuser explodieren. Schon am Donnerstag hatte die Commerzbank eine dramatische Gewinnsteigerung in den ersten sechs Monaten dieses Jahres bekanntgegeben: um stolze 60 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 95 auf 1,324 Milliarden Mark. Im Vergleich fällt der Gewinnzuwachs der Deutschen Bank, die gestern ihre Halbjahresbilanz vorlegte, geradezu bescheiden aus: um 14,9 Prozent auf 1,170 Milliarden Mark.
Zwischen den Bilanzsummen der beiden Großbanken klafft jedoch noch immer eine Lücke von rund 430 Milliarden Mark. Die Deutsche Bank, die deren Chef Hilmar Kopper bis zur Jahrtausendwende unter die „Big eight“ in der Welt katapultieren will, bleibt mit einer Bilanzsumme von 857,1 Milliarden Mark (1995: 721,6 Milliarden) mit Abstand die Nummer eins unter den deutschen Großbanken. Das erneut kräftige Wachstum führte Kopper auf die erfolgreichen Abschlüsse bei den durch Wertpapiere unterlegten Geldgeschäften (Reserve Repro-Geschäfte) und auf die Handelsaktivitäten des Investment Banking zurück.
„Den Aktionären zu zeigen, was wir haben, was wir tun und was wir wollen – das ist unser Bestreben“, so lautet Koppers Wahlspruch. Deshalb hat die Deutsche Bank offengelegt, daß sie sich mit 5,2 Prozent am Senkrechtstarter der Branche, der Bayerischen Vereinsbank AG mit Sitz in München, beteiligt hat. Das freut deren Aktionäre, denn durch das Engagement der Deutschen Bank leidet die Vereinsbank nicht länger an Unterkapitalisierung. Die am Mittwoch vorgelegte Halbjahresbilanz der Vereinsbank zeigt, daß die Münchener erstmals Zugang zum Club der Milliardäre gefunden haben. Bilanzsumme: 1,1 Milliarden Mark. Schon greift Vorstandschef Albrecht Schmidt nach Märkten in England und den USA.
„Die Auslandsgeschäfte ausweiten“ ist ansonsten Koppers Credo. Denn in Ostdeutschland gilt das Geschäft als ausgereizt. Dort, so ein unter Börsianern kursierender Witz, gehöre den Banken ohnehin schon (fast) alles: die Autos und die Häuser, die Betriebe und die Politiker. Aber wer möchte schon „mit dem Baseballschläger“ die Kreditraten eintreiben?
Nur ein Wermutstropfen trübt die Laune der Großbanker. Mit lustigem „Bullenreiten“ versucht die Commerzbank für ihre Direktbanktochter Comdirect Kundschaft zu werben – offenbar ohne großen Erfolg. Und die Bank 24, die Direktbank der Deutschen Bank, bietet, ebensowenig erfolgreich, 24 Stunden lang den „Zugriff auf 24 Kapitalmärkte weltweit“. Dem „Electronic banking“ gehöre die Zukunft, propagierte Kopper vor zwei Jahren. Doch diese „Zukunft“ müssen sich die Banken hart erarbeiten.
Rund acht Millionen Mark Verluste erwirtschaftete die Bank 24 im vergangenen Geschäftsjahr. Und auch nach dem ersten Halbjahr 96 deutet nichts darauf hin, daß die hundertprozentige Tochter der Deutschen Bank in diesem Jahr schwarze Zahlen schreiben könnte. Ähnlich wurde die Comdirekt bei der Vorlage der sonst so glänzenden Commerzbank-Halbjahresbilanz beschrieben: „Kein positives Ergebnis“ in Sicht.
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