Nur die CDU ist zufrieden

■ Beamtenbund gegen "voreilige" Ausgabe von Einwegspritzen im Männerknast Plötzensee. Die Grünen fordern auch für die JVA Tegel Spritzenautomaten

Die von Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) geplante Spritzenvergabe an drogenabhängige Gefangene in der geschlossenen Männerhaftanstalt Plötzensee hat bei Berufsverbänden und Parteien unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, Joachim Jetschmann, sprach von einem „Schnellschuß“, dem jegliche Grundlage fehle. Bündnis 90/Die Grünen geht der Modellversuch nicht weit genug. Nur die CDU zeigte sich wirklich zufrieden.

Die Beamtenschaft habe von dem Vorhaben erst gestern aus der taz erfahren, schimpfte Jetschmann, der viele Jahre Vorsitzender des Verbandes der Justizvollzugsbediensteten (VdJB) war. Die vom VdJB vertretenen Beamten verwahrten sich bislang immer heftig dagegen, Spritzen an Gefangene auszugeben. Den Koalitionsbeschluß von CDU und SPD, Modellversuche mit Spritzenautomaten in Gefängnissen durchzuführen, hat der Verband wohl oder übel hinnehmen müssen. „Das kann aber nicht heißen, plötzlich alles übers Knie zu brechen“, sagte Jetschmann. Er forderte Peschel- Gutzeit auf, ein wissenschaftliches Begleitprogramm zu erstellen und den Versuch mit den betroffenen Beamten von Anfang an vorzubereiten. „Ich glaube nicht, daß sich dies noch in diesem Jahr bewerkstelligen läßt.“ Die Ankündigung der Senatorin, nur engagierte Beamte sollten auf freiwilliger Basis an dem Projekt mitarbeiten, bezeichnete Jetschmann als „großen Quatsch“.

Für Bündnis 90/Die Grünen erklärte der rechtspolitische Sprecher Norbert Schellberg, der Modellversuch „geht am Bedarf vorbei“. In Berlins größtem Männerknast Tegel mit mehreren hundert drogenabhängigen Gefangenen bestünde dringenderer Handlungsbedarf als in der kleinen Anstalt Plötzensee. Der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen, Bernd Köppl, befürchtet, daß es sich bei der Ankündigung der Justizsenatorin nur um eine Absichtserklärung handele, auf die wieder keine Taten folgten. „Peschel-Gutzeit hat die Ausgabe von Spritzen bislang ganz massiv behindert.“ Dabei habe die Auswertung von Modellversuchen in der Schweiz zweifelsfrei ergeben, daß die Vergabe von Spritzen die einzig wirksame Maßnahme zur Eindämmung des HIV-Virus in den Gefängnissen sei.

Der Pressesprecher der CDU- Fraktion, Markus Kaufmann, vergewisserte sich noch einmal mit einem Blick in die Koalitionsvereinbarung und erklärte dann: Das Vorhaben von Peschel-Gutzeit erfülle voll und ganz den Vertrag. „Dem ist nichts hinzuzufügen.“ Plutonia Plarre