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Beck's macht Großreine

■ Eigene Anlage für Brauerei-Abwässer entlastet Kläranlage Seehausen / 12 Millionen Mark verbaut

2,2 Millionen Kubikmeter Wasser – schier unvorstellbare 2.200.000.000 Liter – verbraucht die Becks-Brauerei jährlich. Aber nur ein Viertel davon erfährt die wundersame Umwandlung in den Gerstensaft, der am Ende in Fässern, Flaschen oder Dosen verfüllt den Weg in die Kneipen und Wohnzimmer dieser Welt antritt. Der große Rest landet – nach der Reinigung in der städtischen Kläranlage in Seehausen – in der Weser.

Doch die Menschen lieben Beck's Bier. Mit wachsender Bierproduktion nehmen auch die Abwässer zu. Weil große Mengen chemischer Reinigungsmittel und organischer Rückstände aus der Bierproduktion die städtische Kläranlage in Seehausen jedoch vor allem zu Stoßzeiten schon lange überfordern, wurde jetzt ein endgültiger Schlußstrich unter das Entsorgungsproblem der Brauer gezogen: Gestern weihte Beck & Co eine neue Kläranlage ein. Nach zwölf Monaten Bauzeit und zwölf Millionen Mark Kosten kann Beck & Co künftig alle Auflagen sogar für den Reinheitsgrad seiner Abwässer einhalten, versprechen die Bierbrauer ebenso wie Dieter Voigt, der Geschäftsführer der Bremer Ent- sorgungsbetriebe: „Die Weser wird ein Stück sauberer.“

Daß die BEB bei einer betrieblichen Kläranlage mitzureden hat, ist allerdings neu: Bei Beck's treten die Bremer Entsorger erstmals als privatwirtschaftlicher Kooperationspartner, als Dienstleister, auf den Markt. Per Vertrag sind sie künftig für Wartung, Instandhaltung und Betriebsüberwachung der neuen „Vorkläranlage“ zuständig. Jeder Liter braune Brühe ist seit gestern einmal vorgereinigt, bevor er die Kläranlage in Seehauen überhaupt erreicht.

Zunächst fischt ein großer Rechen nach Klumpen; in der mechanischen Reinigungsanlage auf dem Betriebsgelände werden die groben Verunreinigungen rausgefischt. 5.000 bis 6.000 Kubikmeter Wasser fließen durch diese Becken, laufend durchsiebt von Filtern, die wie Fließbänder durch die Flüssigkeit ziehen. Wenn der Laugenanteil zu hoch ist, wird außerdem eine Säurewert-Regulierung durchgeführt. Vor dem Weitertransport kommt das Gebläse – und das ist die eigentliche Neuerung: Gut durchgepustet, um die natürliche Reinigung zu fördern, wird das Schmutzwasser jetzt durch eine 1,6 Kilometer lange unterirdische Druckrohrleitung durch die Bremer Neustadt bis zur Abwasseranlage in der Duckwitzstraße geführt. In zwei neue, 12 Meter hohe Misch- und Aus-gleichsbecken wird dort lediglich Luft eingeblasen. Die wird aus der Umgebung angesaugt, komprimiert und mit Druck dem Wasser beigemischt. Abbauprozesse, für die die Mikroorganismen Sauerstoff benötigen, reinigen das Abwasser so weit vor, daß es in das städtische Kanalisationsnetz eingeleitet werden kann. AnwohnerInnen brauchen keine Sorge haben: Eine an die Becken angeschlossene Luftfilterung sorgt dafür, daß kein Stinke-Lüftchen nach draußen dringt.

Die 7.000 Kubikmeter fassenden Tanks dienen gleichzeitig als Auffangbecken. Während zuvor das Klärwerk bei Produktionshochs nahezu überschwemmt wurde, wird das Wasser nun gleichmäßig dosiert nach Seehausen geleitet. Dort findet dann die dritte Reinigungsstufe im biologischen und chemischen Verfahren statt. Erst dann fließt es in die Weser.

Jeder Kubikmeter Wasser wird nun 75 Pfennig mehr auf den Sollseiten des Unternehmens ausmachen. Diese Belastung, immerhin 1,4 Millionen Mark im Jahr, soll, so Beck-Geschäftsführer Horst-Gevert Bellmer, „durch die konsequente Weiterentwicklung von intelligenten Wassersparmaßnahmen“ ausgeglichen werden. Die Auflagen zur Wasserreinigung werden somit indirekt auch eine Reduzierung des Verbrauchs bewirken. Immerhin konnte der spezifische Wasserverbrauch – das ist das Verhältnis zwischen eingesetztem Wasser und gebrautem Bier – in den letzten dreißig Jahren auf ein Drittel gesenkt werden. sg/ede

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