■ Chaos zum Schulbeginn: Lehrer in der Warteschleife
In vielen Schulen herrscht kurz vor dem Schulanfang am Montag das Chaos. Weil das Landesschulamt die Schulräte in den Bezirken erst vor einer Woche informiert hat, wie viele Lehrer den Schulen zugeteilt werden, konnten die Stundenpläne noch nicht erstellt werden. Viele Lehrer mit Fristvertrag wissen bis heute nicht, ob sie in der nächsten Woche ihre Arbeit wiederaufnehmen können oder ob sie arbeitslos sind. 1.241 Lehrer hängen in der Warteschleife. Im folgenden Beitrag berichtet ein Lehrer über seine unfreiwillig spannenden Sommerferien.
Die Sommerferien 1995 waren spannend. Der Lehrer P., angestellt mit einem Fristvertrag, mußte lange warten, bis klar war, daß er seiner Tätigkeit als Hauptschullehrer weiter nachgehen konnte. Aber im nächsten Jahr sollte alles besser werden: Die Planung an den Schulen sollte mit der Einrichtung eines Landesschulamtes übersichtlicher, schneller und effizienter werden.
Sommerferien 1996. Die Schulleitung hat Bedarf für den Lehrer P. errechnet und angemeldet. Die Außenstelle des Landesschulamtes hat diesen Bedarf weitergemeldet. P. hat mittlerweile seinen vierten befristeten Vertrag, aber weiß wieder mal nicht, ob er nach den Ferien noch weiterarbeiten wird. Die zuständige Schulrätin weiß es nicht. Der betroffene Schulleiter auch nicht.
Bereits Wochen vor den Sommerferien hatte der gespannt wartende Lehrer den Leiter des Landesschulamts in einem Brief gebeten, ihm mitzuteilen, wer für seine Weiterbeschäftigung zuständig und bei Nachfragen ansprechbar wäre. Eine Eingangsbestätigung für diesen Brief hat unser Pädagoge nicht erhalten.
Daraufhin wurde der Lehrer P. langsam doch ein wenig ungeduldig. Er beschloß, die Schulsenatorin bei einer öffentlichen Sprechstunde aufzusuchen und seine Sorgen vorzubringen. Nun sei das mit dem Landesschulamt ja nicht ganz einfach, erfuhren auch die anderen anwesenden Fristbeschäftigten.
Die neuen Strukturen, die ungeübten Mitarbeiter, so etwas brauche eben seine Anlaufzeit. Und das Geld sei eben nun einmal knapp. Die Ungewißheit für die betroffenen Lehrkräfte sei zwar unschön, aber nicht zu vermeiden. Also: keine neuen Erkenntnisse für den Lehrer P. Er hätte sich gefreut, wenn „seine“ Senatorin einen Stift gezückt, den Namen notiert und wenigstens eine Klärung der Zuständigkeit veranlaßt hätte. Aber die Zeit einer Senatorin ist knapp.
Auch zwei Wochen vor Schulbeginn weiß Hauptschullehrer P. nicht, wer über seine Weiterbeschäftigung entscheidet. Auch wann eine Entscheidung fällt, ist nicht bekannt. In der Tagespresse finden sich immer wieder Meldungen über die mögliche Weiterbeschäftigung von befristet angestellten Lehrkräften. In Telefonaten erfährt Lehrer P. von der Schulrätin in der Landesschulamtaußenstelle, daß sie eben jene Meldungen auch gelesen hat. Mehr ist nicht bekannt. Auch nicht, was aus dem Lehrer P. wird.
Hatte er am Freitag noch von der Schulrätin erfahren, daß es wohl nichts werde mit seiner Weiterbeschäftigung, teilte man seiner Schule am Montag mit, daß er weiterarbeiten könne. Einen Vertrag hat Lehrer P. aber noch nicht in der Hand.
Zum Schuljahresbeginn hat die Schulsenatorin immerhin einen neuen, fähigen Leitenden Magistratsdirektor für ihre Verwaltung engagieren können. Lehrer P. hofft nun, daß der Bildungsexperte S. auch rechtzeitig über sein neues Arbeitsverhältnis informiert wird. Denn mit ihm wird alles noch übersichtlicher, noch schneller, noch effizienter werden. Lukas Pauli
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