: Begrünter Festplatz für das Volk
■ Für die Grünanlagen vor dem Reichstag wird ein internationaler Ideenwettbewerb ausgelobt. „Offenheit“, „Transparenz“ und „politischer Disput“ sind Gestaltungsziele für das Regierungsviertel
Der Platz der Republik vor dem Reichstag soll nach Ende der Bauarbeiten wieder für eine öffentliche und kulturelle Nutzung zugänglich werden. Während die Bauarbeiten für den Tiergartentunnel das Gelände mittlerweile in eine Wüstenlandschaft verwandelt haben, ist jetzt der internationale Ideenwettbewerb für die künftige Gestaltung der Grünanlagen im Spreebogen von den Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung, für Bauen und Verkehr sowie vom Bundesbauministerium ausgelobt worden.
Neben dem Platz der Republik und der zur Kongreßhalle führenden Grünfläche wurden das Gelände nördlich des künftigen Bundeskanzleramtes und die Uferanlagen in die Ausschreibung miteinbezogen. Ziel sei, so die Auslobung, eine „Gestaltungssprache, die Offenheit, politischen Disput und Toleranz“ symbolisiere. Die Wettbewerbsergebnisse dienen als Grundlage für die Herrichtung dreier Erholungsräume im künftigen Regierungsviertel. Diese sollen bis zum Jahr 2000 fertig sein.
Über den Platz der Republik war es vor der Sommerpause in der Baukommission des Bundestages zu einem heftigen Disput zwischen der SPD und der CDU gekommen. Das SPD-Kommissionsmitglied Peter Conradi hatte aus historischen und demokratischen Gründen vehement für kulturelle und politische Veranstaltungen auf dem Platz zwischen Reichstag und Kanzleramt plädiert. CDU- Vertreter hingegen befürchteten, künftige politische Großveranstaltungen könnten die Sicherheit der nahe gelegenen repräsentativen Bauten beeinträchtigen.
Am Ende aber sei man sich einig gewesen, den Platz sowohl für kulturelle wie auch politische Ereignisse zu nutzen, sagte die baupolitische Sprecherin der Bündnisgrünen, Franziska Eichstädt-Bohlig. „Das Volk soll Parlament und Kanzler auf die Pelle rücken dürfen, das ist politisch gewollt“, faßte sie die Vorstellungen der Baukommission zusammen. Der Bundestagsfraktion der SPD schwebt ein zweiter „Bonner Hofgarten“ vor, auf dem neben Festen „auch zentrale politische Veranstaltungen“ abgehalten werden könnten, wie deren parlamentarischer Geschäftsführer Wilhelm Schmidt erklärt. Der Hofgarten gilt als Synonym für Großveranstaltungen der „Bonner Republik“: Hier fanden in den 80er Jahren die Friedensdemonstrationen statt, zuletzt protestierten dort im Juni rund 300.000 Menschen gegen den Sozialabbau. Die Bündnisgrüne Eichstädt-Bohlig hofft, daß der Ideenwettbewerb keine Neuauflage der früheren Platzanlage bringt. Anfang der 90er Jahre waren auf der Rasenfläche – bis dahin ein beliebter Freizeitplatz – großflächige Rabatten gepflanzt worden. Severin Weiland
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