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Bundesregierung fordert Auslieferung Priebkes

■ SS-Mann soll sich vor deutschem Gericht verantworten. Empörung über Freispruch

Bonn/Rom (AFP) – Bundesregierung und Opposition wollen den früheren SS- Offizier Erich Priebke jetzt vor ein deutsches Gericht stellen. Sowohl SPD als auch Bündnisgrüne kündigten ihre Unterstützung für das Auslieferungsersuchen der Bundesregierung an Italien an. Die Vorstandssprecher der Grünen, Krista Sager und Jürgen Trittin, lobten sogar ausdrücklich die Bemühungen der Regierung um die Auslieferung Priebkes. Priebke war am Donnerstag abend trotz seiner Beteiligung an der Erschießung von 335 Geiseln im Jahre 1944 von einem italienischen Militärgericht freigesprochen worden.

Zum Prozeß hatte sich die Bundesregierung zurückhaltend geäußert. „Wir können davon ausgehen, daß es ein rechtsstaatliches Verfahren gibt und auch ist“, so Regierungssprecher Herbert Schmülling.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, äußerte die Hoffnung, daß es statt einer Auslieferung einen zweiten Prozeß in Italien geben werde. Bubis nannte die Entscheidung des römischen Militärgerichts ein „eindeutiges Fehlurteil“. Dies sei „eine nochmalige Verurteilung der Opfer und ein Schlag ins Gesicht der Hinterbliebenen“.

Das Militärgericht in Rom hatte Priebke in seinem Urteil am Donnerstag abend mildernde Umstände zugestanden und damit den Freispruch ermöglicht. Italiens Staatspräsident Oscar Luigi Scalfaro erklärte verbittert: „Eine alte Wunde ist wieder aufgerissen worden.“ In der Nacht zum Freitag war es in Rom zu Zusammenstößen von Demonstranten mit der Polizei gekommen. Aus Protest gegen das Urteil blieben die historischen Denkmäler der Ewigen Stadt im Dunkeln. Roms Bürgermeister hatte die Beleuchtung ausschalten lassen. Jüdische Organisationen und Partisanenverbände kündigten weitere Proteste an. gb Seite 3

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