piwik no script img

Gysi: Wir werden ihre Lieder weiter hören

■ Unter der Anteilnahme vieler Fans und der Anwesenheit zahlreicher Prominenter wurde Tamara Danz am Samstag in Münchehofe bei Berlin beigesetzt

Das kleine brandenburgische Dorf Münchehofe vor den Toren Berlins wird diesen Tag wohl so schnell nicht vergessen. Überrascht und auch ein wenig berührt nahmen viele der rund 200 Einwohner die Autokolonnen zur Kenntnis, die den idyllisch gelegenen ruhigen Ort am frühen Nachmittag beinahe zuparkten. Am Samstag ist auf dem mitten im Dorf gelegenen kleinen Friedhof die Berliner Rocksängerin Tamara Danz beerdigt worden, unweit ihres Elternhauses. Sie selbst hatte sich diesen Platz gewählt.

Sehr oft hatte sich Tamara in den vergangenen Jahren in die Beschaulichkeit und Ruhe des Ortes zurückgezogen. Entweder um nachzudenken über neue Lieder für ihre Gruppe „Silly“ mit Ehemann und Gitarrist Uwe Hassbecker oder um sich einfach nur zu erholen. Das mußte sie zunehmend tun, nachdem ihr ein Krebsleiden die Kräfte zu rauben begonnen hatte. Noch einmal hatte sie alles für die Arbeit an einem neuen Album gegeben. „Paradies“, erschienen im März dieses Jahres, ist dann wohl auch das gesungene Vermächtnis der Tamara Danz. Sie wurde nur 43 Jahre alt.

Es gab bewegende Augenblicke in diesen Stunden in Münchehofe. Tamaras Mutter, selbst durch ein Krebsleiden schwer gezeichnet, mußte ihre Tochter im Rollstuhl auf dem letzten Weg begleiten. Viele Musikerkollegen der Sängerin, unter ihnen Dirk Zöllner, Angelika Weiz und die Männer von „Silly“, kämpften mit den Tränen. Viele gaben ihren Gefühlen nach und ließen den Tränen freien Lauf. Schmerz, Bestürzung und Fassungslosigkeit über den Tod von Tamara Danz vereinten auch die vielen namenlosen Fans, die zum Friedhof gekommen waren.

Einer hatte sich während der Trauerfeier in der Feldsteinkirche, die den nächsten Angehörigen und Freunden vorbehalten blieb, in ein Buswartehäuschen zurückgezogen. Mit angezogenen Beinen, das Gesicht auf den Knien, hockte er auf der harten Holzbank. Eine einzelne rote Rose lag neben ihm.

Auch nach der Wende blieb „Silly“ durch die Ehrlichkeit ihrer Sängerin Tamara Danz in den Herzen der Fans. Vier Jahre nach der Wende hatte die Gruppe mit ihrem Album „Hurensöhne“ der Zeit im neuen Deutschland auch einen Namen gegeben. Die Fans waren begeistert.

Tamara Danz ist weiter unter uns, hat ihr Freund Gregor Gysi in seiner Trauerrede in der Kapelle gesagt. „Wir werden ihre Lieder hören, und sie wird vor uns auferstehen. Tamara hat ihre Lebensfreude stets auf uns übertragen, und sie ist sich selbst gegenüber bis zum Schluß ehrlich geblieben.“ Andrea Marczinski (dpa)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen