piwik no script img

Europe Offline

■ Burdas Online-Dienst ist pleite, die Telekom-Tochter "T-Online" übernimmt die Luxemburger Konkursmasse

Rechtzeitig zum Börsengang im November versucht die Telekom, ihren Online-Dienst „T-Online“ über die Grenzen Deutschlands hinaus auszudehnen. Sie muß dafür noch nicht einmal tief in die Kasse greifen – der in Luxemburg ansässige Online-Dienst „Europe- Online“ (EOL) hat vergangene Woche Konkurs angemeldet. Nach Informationen des Spiegel liegt den Luxemburger Banken ein Angebot der Telekom vor, die Konkursmasse zu übernehmen.

Beobachter gehen davon aus, daß dieses Restgeschäft zustande kommt. „Europe Online“, maßgeblich vom Münchner Verleger Hubert Burda unterstützt, hatte in Deutschland schon bisher eng mit der Telekom zusammengearbeitet – dem Verwaltungsrat stand der ehemalige deutsche Postminister Christian Schwarz-Schilling vor. Auch die deutschen EOL-Kunden profitierten von der Kooperation. Damit sie den Großrechner in Luxemburg zu Telefongebühren für Orts- oder Nahgespräche erreichen konnten, hatte EOL Datenleitungen der Telekom zu etwa 60 Einwählknoten in deutschen Städten angemietet.

Das Angebot zahlte sich jedoch nicht aus. Deutsche Kunden erreichten auf diesem Wege zwar für vergleichsweise wenig Geld das Internet, den Eigenproduktionen des Online-Dienstes gingen sie jedoch aus dem Wege. Es gab nicht viel, was es nicht anderswo im Internet auch und in der Regel besser gab – nicht zuletzt Dienstleistungen aus dem Hause Burda, mit 26 Prozent Hauptaktionär, der mit EOL einst den US-amerikanischen Marktführern „America Online“ (in Deutschland mit Bertelsmann verbunden) und „CompuServe“ einen eigenständigen, europäischen Online-Dienst entgegensetzen wollte. Dazu sollten unter anderem Nachrichtenmagazine in deutscher, französischer und italienischer Sprache gehören.

Mehrfach wurde das Konzept verändert, Kompetenzstreitereien unter den insgesamt 12 Gesellschaftern führten Anfang Juli schließlich dazu, daß Burda seine Zahlungen einstellte. Die Münchener Verlagstochter „Burda New Media“ erklärte, sie wolle ihre Produkte fortan ohne den Umweg über Europe Online im Internet verbreiten.

EOL blieb mit 70 Millionen Mark Schulden sizten. Mit dem Konkursantrag sind auch die Verhandlungen mit CompuServe gescheitert. Die Nummer zwei (nach T-Online) auf dem deutschen Online-Markt hätte ihr Geschäft ebenfalls gerne um die EOL-Kunden bereichert. Die Bedingungen, die CompuServe gestellt habe, seien jedoch „unsinnig“ gewesen, sagte der zurückgetretene Verwaltungsratschef Schwarz-Schilling am Wochenende. Niklaus Hablützel

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen