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Millionenaufträge ohne Ausschreibung

■ Bei der Altbausanierung für die „Umzugsministerien“ hat der Bund auf offene Bauwettbewerbe verzichtet und nach einem internen Auswahlverfahren Aufträge für über zwei Milliarden Mark vergeben

Die Altbausanierung für die von Bonn nach Berlin umziehenden Ministerien reißt nicht nur ein übermäßig tiefes Loch in die öffentlichen Kassen. Zugleich mangelt es den Verfahren für die Planungsvergabe an Transparenz und öffentlicher Kontrolle. So hat sich der Bund die Architekten für die acht großen Umbauten – mit einem Investitionsvolumen von mehr als zwei Milliarden Mark – nach einem internen Auswahlverfahren ausgeguckt und auf eine offene Auslobung samt Wettbewerb verzichtet.

Die Vergabe für die Umzugsministerien sei „höchst dubios“ verlaufen, kritisierte Franziska Eichstädt-Bohlig, baupolitische Sprecherin der bündnisgrünen Bundestagsfraktion. Während Bauminister Klaus Töpfer (CDU) nicht müde werde, die Bauwettbewerbstrommel zu rühren, sei er hier dem Anspruch von Wettbewerb und Öffentlichkeit nicht gerecht geworden. Von drei bis vier Teams wurde jeweils die Bewerbung geprüft, danach hatten die Baumeister den fetten Auftrag in der Tasche: Das Finanzministerium (Treuhand) bauen die Architekten Hentrich, Petschnigg und Partner für 287 Millionen Mark um, das Amt für Wirtschaft von Baumann & Schnittger kostet 537 Millionen, und die Reichsbank (Architekt Hans Kollhoff) wird für 545 Millionen Mark zum Außenamt umgebaut.

Das Preußische Herrenhaus (Schweger und Partner) schlägt mit 185 Millionen zu Buche, das Presseamt (Engel und Partner) mit 218 Millionen, den Bendlerblock renoviert Architekt Lahmeyer für 125 Millionen. Verkehrsministerium und Amt für Justiz kosten zusammen 450 Millionen Mark.

Auch Karsten Kümmerle von der Wettbewerbsabteilung der Architektenkammer moniert das Verfahren. „Es gab da keinen Wettbewerb im üblichen Rahmen.“ Das interne Auswahlverfahren – bei „schlichten Bauerhaltungsmaßnahmen“ nichts Ungewöhnliches – „hätte hier erweitert werden müssen“, sagte Kümmerle zur taz, da die Sanierung der denkmalgeschützten Gebäuden „gestalterische Ansprüche“ erfordere. Nur so könne Qualität zwischen Alt- und Neubausubstanz garantiert werden. Kümmerle: „Die Sanierungen kosten nicht nur mehr Geld als die Neubauten. Aus unserer Sicht ist es notwendig, für öffentliche Baumaßnahmen offene Wettbewerbe auszuloben.“

Harry Hirsch, Sprecher der Bundesbaudirektion (BBD), wies die Kritik der Architektenkammer als „unverständlich“ zurück. Er räumte zwar ein, daß es „keine offenen Wettbewerbe“ gegeben habe. Dennoch bedeute das Bewerbungs- und interne Auswahlverfahren, bei dem der Bund, der Senat und die Denkmalbehörde mit am Tisch saßen, keinen Verstoß gegen die „Dienstleistungsrichtlinien“. Der Bund habe „weder direkt“ noch „offen“ vergeben, sondern sich bei dem Verfahren für einen „Mittelweg“ entschieden, damit die Bauarbeiten „termingerecht“ zum Umzug beendet sein würden. Offene Wettbewerbe kosteten nicht nur viel Geld, sondern hauptsächlich Zeit, sagte Hirsch. Rolf Lautenschläger

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