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Mobile Immobilien in Ostdeutschland

■ Die Treuhand Liegenschaftsgesellschaft hat im letzten Jahr 15 Millionen Mark Gewinn für Finanzminister Theo Waigel erwirtschaftet. Über 60.000 Grundstücke hat die GmbH noch im Angebot

Berlin (taz) – Jeden Tag verkauft die Treuhand Liegenschaftsgesellschaft (TLG) durchschnittlich 65 ehemals volkseigene Grundstücke in Ostdeutschland. Im ersten Halbjahr 1996 nahm sie dafür knapp 700 Millionen Mark ein, bekam 1.674 Arbeitsplatzzusagen und das Versprechen der neuen BesitzerInnen, 600 Millionen Mark zu investieren. Etwa 80 Prozent der KundInnen sind ortsansässig. Das sagte gestern TLG- Chef Günter Himstedt bei der Vorstellung der Halbjahresbilanz.

Mit dem eingenommenen Geld kauft die bundeseigene GmbH zum einen neue Grundstücke. Täglich kommen etwa 70 neue Liegenschaften in den Bestand. „Das sind fast ausschließlich ehemalige Treuhand-Immobilien“, versicherte Pressesprecherin Elke Schicktanz. Im Prinzip aber könne die TLG alles kaufen, was ihr angeboten werde. Zur Zeit diskutieren TLG-Vorstand und der Bund als Eigentümer der Gesellschaft darüber, ob sie auch ehemalige Militärflächen in Westdeutschland ankaufen und später verwerten soll.

Die TLG nutzt ihre Einnahmen aber auch zur Wertsteigerung der Immobilien. Allein für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen sind in diesem Jahr 200 Millionen Mark in der Bilanz vorgesehen. „Wir handeln kaufmännisch“, so Schicktanz. Allerdings spiele bei einer Veräußerung nicht nur der höchste Preis, sondern auch die Job- und Investitionszusagen eine Rolle. Vertreter der Kommunen, der TLG und der Industrie- und Handelskammern entscheiden gemeinsam über das insgesamt günstigste Angebot.

Ihren Verdienst muß die TLG an den Bund abgeben. Im letzten Jahr bekam Finanzminister Theo Waigel auf diese Weise 15 Millionen Mark in seine Kasse. Zur Zeit geht aber das meiste Geld für die Tilgung des Drei-Milliarden-Kredits drauf, den der Bund der TLG am 1. Januar 1995 gewährt hatte. Damit hatte die Gesellschaft die 40.000 Grundstücke gekauft, die sie vorher als Tochter der Treuhandanstalt verwaltet hatte. Ende des Jahres will die TLG eine halbe Milliarde abgestottert haben.

Inzwischen hat die TLG 61.700 Objekte im Bestand – die Hälfte davon sind Wohnimmobilien. Auf etwa jedes dritte Grundstück erhebt ein Alteigentümer Anspruch. Ansonsten registriert die TLG ein wachsendes Interesse von MittelständlerInnen, die nach einer Phase des Provisoriums jetzt einen festen Firmensitz suchen. Für die grundsätzlich unsaniert angebotenen Wohnungen bewerben sich Genossenschaften, Privatleute, Kommunen und Investoren, beschreibt Himstedt seine Kundschaft. Schleppend gestalte sich dagegen der Handel mit Schlössern; erst 23 von 125 seien verkauft. aje

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