: DIW: Bürgergeld wird sehr teuer
■ Die Zusammenfassung staatlicher Sozialleistungen in ein Bürgergeld könnte bis zu 300 Milliarden Mark kosten
Berlin (taz) – Wenn Bürgergeld höhere Anreize zur Arbeitssuche schaffen soll als das heutige Sozialhilfesystem, könnte die Umstellung Steuerausfälle und Bürgergeldzahlungen bis zu 300 Milliarden Mark jährlich verursachen. Das ergab eine vom Bundesfinanzministerium in Auftrag gegebenen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Die erwarteten Einsparungen durch das alternative Steuer- und Transfersystem bei der Sozialhilfe, dem Wohngeld und dem Bafög von rund 30 Milliarden Mark fallen dagegen nach DIW-Berechnungen kaum ins Gewicht.
Kritiker des DIW-Rechenexempels geben allerdings zu bedenken, daß das Berliner Institut für seine Kostenstatistik selbst Millionären ein Bürgergeld gewähre und so die enormen Steuerausfälle zustande gekommen seien. Viele Steuerexperten sprechen sich deshalb dafür aus, Einkommen über der festgelegten Grenze für das Bürgergeld ganz aus dem System auszuklammern. Ein weiterer Streitpunkt zwischen Gegnern und Verfechtern verschiedener Ansätze für das Bürgergeld bleibt, welche Posten unter dem dehnbaren Begriff der „Einsparungen“ zusammengefaßt werden sollen. Die Einsparmöglichkeiten würden vom DIW eher zu niedrig bewertet, monieren die Kritiker.
In der Vergangenheit hatte sich vor allem die FDP für das Bürgergeld stark gemacht. Das angedachte System sieht vor, daß alle bedarfsabhängigen Transferleistungen in einen einheitlichen Betrag überführt werden. Sozialhilfe und Wohngeld wären somit hinfällig und würden über einen solchen Gesamtbetrag abgedeckt. Nach der wahrscheinlichsten Variante würde das Bürgergeld nicht nur den geprüft Bedürftigen zustehen, sondern in einer Staffelung allen, die nicht 24.000 Mark verdienen. Die Betroffenen bekämen dieses Bürgergeld in Form einer „negativen Einkommensteuer“ vom Finanzamt ausbezahlt.
Beispiel: Der Grenzbetrag wird auf 24.000 Mark festgelegt, und Bürgergeldbezieher erhalten 50 Prozent der Differenz zwischen dem eigenen Einkommen und dem Grenzbetrag ausbezahlt. Wer selbst 18.000 Mark verdient, bekommt dann vom Staat noch einmal 3.000 Mark, die Hälfte der Differenz zwischen 18.000 und 24.000 Mark. Michael Obert
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