: Britische Armee soll nordirischem Orden trotzen
■ Marschverbot und Blockade in Derry führen zu protestantischen Protesten
Belfast (AP/AFP/taz) – Britische Soldaten sind gestern in der nordirischen Stadt Derry, die von den Protestanten Londonderry genannt wird, entlang von Barrikaden und Stacheldrahtzäunen in Stellung gegangen. Unterstützt von Polizisten mit Sturmgewehren sollen sie angesichts eines für Samstag geplanten Marsches von Protestanten, der die diesjährige Marschsaison der unionistischen Orden in Nordirland abschließt, Ausschreitungen verhindern.
Am Vortag hatte die britische Regierung einen Teil der vom protestantischen Orden „Apprentice Boys“ geplanten Parade verboten, die traditionell die Stadtmauer führt und an die erfolgreiche Abwehr einer katholischen Belagerung der einstigen protestantischen Wehrstadt Londonderry im Jahr 1689 erinnern soll. Erlaubt ist der Marsch jetzt nur durch protestantische, nicht aber katholische Wohngebiete. Die Soldaten und Stacheldrahtzäune sollen daher einen rund 500 Meter langen Mauerstreifen absperren, der in der Nähe eines katholischen Viertels verläuft, so daß die Protestanten nicht wie vor einem Monat bei einer ähnlichen Konfrontation in Portadown mit Massenprotesten ihren Durchmarsch erzwingen können. Der britische Nordirlandminister Patrick Mayhew begründete seine Entscheidung zur Abriegelung des Viertels damit, daß nach den schweren Unruhen im Juli weitere Zusammenstöße verhindert werden müßten. Zu der Absperrung des Viertels hatte der Chef der nordirischen Polizei, Hugh Annesley, geraten, dessen Nachgeben vor den Protestanten in Portadown in letzter Minute heftig kritisiert worden war und insbesondere in Derry größere Proteste der Katholiken ausgelöst hatte.
Wie bereits im Juli in Portadown protestieren jetzt in Derry die Protestanten gegen die britische Regierung und hoffen offenbar, sich ähnlich wie damals am Schluß durchzusetzen. Der Chef der „Apprentice Boys“, Alistair Simpson, führte die Abriegelung des katholischen Viertels auf eine „Kampagne“ der Sinn-Féin-Partei, politischer Flügel der IRA, zurück. „Die meisten Menschen sehen dem Wochenende mit Schrecken entgegen“, sagte der stellvertretende nordirische Polizeichef Ronnie Flanagan.
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