: Chance, zweisprachig
■ GAL fordert interkulturelle Bildung
„Interkulturelle Erziehung ist mehr als nur gemeinsam feiern mit Köfte und Kebab. Die gesellschaftlichen Verhältnisse müssen sich im Sprachangebot, im Lehrpersonal und in den Lerngegenständen niederschlagen“, forderte gestern Christa Goetsch, Mitglied der GAL-Landesarbeitsgemeinschaft Schule und Berufsbildung und Expertin für interkulturelle Bildung. Zur Zeit seien ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen in Hamburg nicht-deutscher Herkunft, im Jahr 2000 werden es 25 Prozent sein. Immer noch seien die meisten Unterrichtsmittel und -strukturen auf „weiße, gesunde, deutsche Mittelschichtkinder“ zugeschnitten.
Um die Mehrsprachigkeit als Vorzug und nicht länger als Defizit zu betrachten, stellt die GAL-Fraktion einen Bürgerschaftsantrag, den der schulpolitische Sprecher Kurt Edler gestern erläuterte. Danach soll der Senat ein Rahmenkonzept für die Einführung des interkulturellen Lernens und der Zweisprachigkeit an den Hamburger Schulen erarbeiten.
Die Einwanderersprachen sollen in allen Schulstufen in das Lehrangebot integriert werden. Denn längst sei bekannt, daß SchülerInnen besser lernen können, wenn sie zu ihrer Herkunftssprache ein bewußtes Verhältnis entwickeln. LehrerInnen müßten entsprechend aus- und fortgebildet werden, der jetzige Zustand sei völlig unzureichend. Für 13.000 türkische SchülerInnen gibt es zum Beispiel nur 53 muttersprachliche LehrerInnen, die auf Honorarbasis nachmittags Unterricht erteilen. Nach Forderung der GAL sollte der Deutschunterricht unter dem Aspekt „Deutsch als Zweitsprache“ reformiert und in einem Modellversuch „interkulturelle Bildung und Erziehung“ an fünf Hamburger Schulen erprobt werden.
Nach Ansicht der Schulbehörde ist es um die interkulturelle Erziehung an Hamburgs Schulen keineswegs so düster bestellt, wie die GAL sie beschreibt. So werden beispielsweise im neuen Schuljahr 36 Kurse für muttersprachlichen Unterricht mit fünf Wochenstunden in Aramäisch, Bosnisch, Dari, Paschto, Farsi, Kurdisch und Romanes erteilt. Vier dieser Kurse sind in den Regelunterricht integriert. paf
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen