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Neues Land für Industrie und Gewerbe

■ Mit einem neuen und preisgünstigen Flächenprogramm will der Senat der Konkurrenz aus Brandenburg begegnen

Das bisher geltende Programm zur Sicherung von Industrieflächen hat ausgedient, ein neues soll bis zur Jahrtausendwende nun Arbeitsplätze in der Stadt halten: Jährlich will das Land rund 40 Hektar erschlossene Fläche für Industrie- und Gewerbeansiedlung neuen Unternehmen oder für Erweiterungsbauten zur Verfügung stellen. Eine entsprechende Vorlage wurde gestern im Senat beraten und soll dem Rat der Bezirksbürgermeister übergeben werden.

Angesichts des massiven Abbaus an Industriearbeitsplätzen — die Zahl von 400.000 im Jahr 1989 sank mittlerweile auf die Hälfte — mache er sich aber keine großen Illusionen über neue Ansiedlungen, meinte gestern Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD). Das Programm diene vielmehr der „Modernisierung der vorhandenen Gewerbestruktur“. Zur Zeit liegen der Wirtschaftsverwaltung Anträge für rund 70 Hektar in Ost- und Westberlin vor. Über den Bedarf an Flächen wird eine Projektgruppe unter Wirtschaftsstaatssekretär Wolfgang Branoner (CDU) wachen. Erste Ergebnisse sollen Ende des Jahres vorgelegt werden.

In den letzten fünf Jahren waren 320 Hektar für Gewerbe- und Industrieansiedlung durch das Land an Private verkauft oder durch Erbpachtverträge vergeben worden. Der Flächennutzungsplan wies im Juli vergangenen Jahres einen Bestand an 3.750 Hektar für Industrie- und Gewerbeansiedlungen aus, der durch Reserven auf 4.250 Hektar aufgestockt werden kann. Um die Anreize — vor allem in Konkurrenz zum Anbieter Brandenburg — zu steigern, verständigten sich Branoner und Strieder darauf, das Berechnungsverfahren zur Ermittlung des Verkehrswertes bei landeseigenen Flächen neu zu ermitteln.

Als Ziel nannte Branoner einen durchschnittlichen Verkaufspreis von 200 Mark pro Quadratmeter. Derzeit werde der Quadratmeter mit 300 Mark gehandelt, vor vier Jahren habe man einen Preis von teilweise bis zu 1.000 Mark verlangen können. Wie ein Mißbrauch durch private Investoren, etwa durch Umwandlung für andere Zwecke als für Industrie- oder Gewerbenutzung, verhindert werden kann, ließen Branoner und Strieder gestern offen. Genaue Kriterien müßten noch festgelegt werden. Eine „spekulative Umnutzung“ wolle man aber verhindern, bekräftigte der CDU-Staatssekretär. Das neue Programm hat mit dem Vorgängermodell des früheren Wirtschaftssenators Norbert Meisner (SPD) nur noch wenig gemein. Das Meisner-Modell fließe in die neue Planung des Senats mit hinein, so Branoner.

Mit dem 21 Flächen umfassenden Programm hatte Meisner auf den Erhalt von industriellen Kerngebieten gesetzt. Gerade darin habe aber das Problem des alten Programms gelegen, erklärte Strieder. Der Strukturwandel in der Stadt gebe eine „reine Industrieansiedlung“ in altbekannter Form nicht mehr her. Gefragt sei künftig eine „Mischnutzung“. Severin Weiland

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