Regionale Vielfalt

■ Service: Das Bildungsurlaubsgesetz ist Ländersache, einige Bundesländer wie Baden-Württemberg haben gar kein Gesetz

Im Jahre 1987 hatte sich das Bundesverfassungsgericht aufgrund der Anrufung durch die hessischen und nordrhein- westfälischen Arbeitgeberverbände mit dem Bildungsurlaub zu beschäftigen. In seinem Beschluß, der die Verfassungskonformität des Bildungsurlaubs bestätigt, heißt es: „Die den Arbeitgebern ... gesetzlich auferlegten Freistellungs- und Entgeltfortzahlungspflichten für Arbeitnehmer, die an Bildungsveranstaltungen teilnehmen, sind durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt.“ (NJW, Heft 31, 1988, Seite 1.899 ff.)

Bildungsurlaubsregelungen gibt es in zehn Ländern (Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Nordrhein-Westfalen). Kein Bildungsurlaubs- bzw. Freistellungsgesetz gibt es in Baden-Württemberg und Bayern sowie in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Die gesetzlichen Regelungen sind zu verschiedenen Zeiten in Kraft getreten. Den Anfang machten Niedersachsen und Berlin 1970. Zuletzt trat die bezahlte Bildungsfreistellung am 1.1. 1996 in Brandenburg in Kraft. Die gesetzlichen Regelungen sind sehr unterschiedlich gestaltet. Nähere Informationen über die gesetzlichen Regelungen, Träger und Programme erhält man bei den zuständigen Behörden (siehe Adressenliste).

Auch die inhaltlichen Regelungsbereiche sind verschieden. Der Schwerpunkt liegt auf dem Bereich der beruflichen und politischen Bildung, wobei die AFG-geförderte berufliche Bildung von der Freistellungsregelung ausgenommen ist.

Bremen und Schleswig-Holstein beziehen die allgemeine Bildung ein und Brandenburg die kulturelle Bildung. In Hessen gibt es eine Freistellung für berufliche Bildung nur, wenn sie in politische Bildung integriert ist.

In Rheinland-Pfalz, Berlin und Hessen werden die Auszubildenden nur für den Bereich der politischen Bildung freigestellt.

Auch der Kreis der Anspruchsberechtigten ist in den einzelnen Ländern völlig unterschiedlich. In Berlin werden BeamtInnen, die nicht älter sind als 25 Jahre, in die Bildungsfreistellung einbezogen. In Bremen können auch Arbeitslose, Hausfrauen und RentnerInnen an geförderten Seminaren teilnehmen. In Hamburg und Niedersachsen sind seit 1991 auch ArbeitnehmerInnen in Werkstätten für Behinderte in den Berechtigtenkreis aufgenommen worden. In Schleswig-Holstein, im Saarland und in Rheinland-Pfalz gehören auch BeamtInnen und RichterInnen zum Kreis der Anspruchsberechtigten. Ansonsten werden sie in der Regel nach Beamtengesetzen sowie nach der Sonderurlaubsverordnung freigestellt. In Rheinland-Pfalz haben Beschäftigte in Betrieben bis zu fünf Beschäftigten keinen einklagbaren Anspruch auf Bildungsurlaub. In Brandenburg gilt das Freistellungsgesetz für ArbeiterInnen, Angestellte und Auszubildende, deren Arbeitsstätte im Land liegt, sowie für die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen gleichgestellten Personen. Die Dauer der Bildungsfreistellung beträgt in der Regel zehn Arbeitstage in zwei Jahren.

Aber auch davon gibt es Ausnahmen. In Berlin gibt es bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres Anspruch auf zehn Arbeitstage im Jahr, in Rheinland-Pfalz reduziert sich der Anspruch der Auszubildenden auf drei Arbeitstage während der gesamten Berufsausbildungszeit, wenn das Ausbildungsziel nicht gefährdet wird.

Die Höhe des Entgeltes für die bezahlte Bildungsfreistellung ist genauso hoch wie an sonstigen Urlaubstagen (§§9, 11, 12 des Bundesurlaubsgesetzes).

Zum Verfahren:

Die Arbeitgeber müssen in den meisten Bundesländern spätestens sechs Wochen vor Beginn der Veranstaltung informiert werden.

In Bremen, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen beträgt dieser Zeitraum vier Wochen.

Der Anspruch auf Bildungsfreistellung kann in allen in Frage kommenden Bundesländern frühestens sechs Monate nach Bestehen des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden. In Berlin und Brandenburg entfällt diese Wartezeit, wenn sich ein Arbeitsverhältnis unmittelbar an ein Ausbildungsverhältnis bei demselben/ derselben ArbeitgeberIn anschließt. In Rheinland-Pfalz entsteht der Anspruch auf Bildungsfreistellung nicht vor Ablauf von 12 Monaten nach Beginn des Ausbildungsverhältnisses oder nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Beginn des Beschäftigungsverhältnisses. Rainer Heinrich