: Kohl erwartet Bündnis von SPD, Grünen und PDS
■ Fraktionssprecher Joschka Fischer nennt eine Koalition mit Gysis Partei „nicht zumutbar“. In der PDS kritisieren die „Jungen GenossInnen“ Parteivorständler Brie
Berlin (AFP/dpa) – Bundeskanzler Helmut Kohl hat SPD und Bündnisgrünen vorgeworfen, nach der nächsten Wahl in zwei Jahren wenn nötig mit Hilfe der PDS die Macht in Bonn anzustreben. „Davon gehe ich aus“, sagte Kohl gestern im ZDF. „Sie werden alles dafür tun, die jetzige Koalition abzulösen.“ Die CDU müsse sich bemühen, PDS-Wähler für sich zu gewinnen. Innerhalb der CDU wurden aber unterschiedliche Auffassungen über den besten Umgang mit der PDS deutlich.
Bei den Bündnisgrünen spaltet die Diskussion um das Verhältnis zur PDS die Fraktionsführung im Bundestag. Ihr Sprecher Joschka Fischer lehnte eine Koalition seiner Partei mit der PDS im Spiegel ab und widersprach damit seiner Kollegin Kerstin Müller.
Auf die Frage, ob er glaube, daß es zu einem „Linksbündnis“ zwischen SPD, Grünen und PDS kommen werde, sagte Kohl: „Das ist keine Frage des Glaubens. Das ist eine Frage der Sicherheit für mich.“ In Ostdeutschland komme es für ihn als CDU-Vorsitzenden darauf an, der PDS möglichst viele Wähler abzujagen, sagte Kohl weiter. Dabei wolle die CDU keine „Rote-Socken-Kampagne-II“ gegen die PDS starten, sondern klar sagen, „wer die PDS“ ist. CDU- Generalsekretär Hintze hatte dagegen eine Neuauflage der Kampagne von 1994 angekündigt. Der Thüringer CDU-Ministerpräsident Vogel kritisierte dies in der Leipziger Volkszeitung. Das Symbol der „roten Socke“ werde der „Befindlichkeit“ der Menschen in den neuen Ländern nicht gerecht.
Joschka Fischer sagte, eine Koalition mit einer Partei wie der PDS sei ihm „nicht zumutbar“. Seine Kollegin Kerstin Müller hatte vergangene Woche argumentiert, die Bündnisgrünen und die SPD müßten auch eine Zusammenarbeit mit der PDS in Betracht ziehen, um bei der Bundestagswahl 1998 die Regierung Kohl ablösen zu können. Fischer hielt dagegen, die PDS müsse erst „aus demokratischer Überzeugung in der Bundesrepublik ankommen“. Er verwies auch auf die früheren Bürgerrechtler aus der DDR in den Reihen von Bündnis 90/Grüne. Er stellte die Frage, wie diese eine Koalition mit einer PDS aushalten sollten, „die ihr Verhältnis zu den Poststalinisten nicht zweifelsfrei geklärt“ haben. Unterstützung erhielt Fischer von der DDR-Bürgerrechtlerin und Grünen-Bundestagsabgeordneten Vera Lengsfeld. Sie verlangte eine „klare Entscheidung“ ihrer Partei zum Verhältnis zur PDS. Sie befürchte aber, daß es eine innerparteiliche Mehrheit für eine Kooperation mit der PDS geben könnte.
Die „AG Junge GenossInnen“ in der PDS hat unterdessen das Vorgehen von Bundesvorstandsmitglied André Brie, seiner Partei mangelde Grundgesetztreue vorzuwerfen, als „herablassend“ und „die Mitgliedschaft der PDS beschimpfende Art und Weise“ kritisiert. Sie werfen Brie vor, Mitglieder aus dem Westen und junge Menschen zu diffamieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen